Flexibel in die Rente?

Gesetzliche Rente, Betriebsrenten und Rentenalter

HLZ 4/2022: Berufsausbildung

Gleitender Übergang in die „dritte Lebensphase“? Vorzeitiger Ruhestand unter attraktiven finanziellen Bedingungen? Solche Modelle gibt es nur noch eingeschränkt. Die staatliche Aufstockung bei Altersteilzeit ist Geschichte, einen Tarifvertrag zur Altersteilzeit für Tarifbeschäftigte des Landes Hessen gibt es nicht, den hessischen Beamtinnen und Beamten geht es da nicht besser. Nur für die Tarifbeschäftigten der Kommunen macht der „TV FlexAz“ ein eingeschränktes Angebot.

Auch hinter der wohlklingenden „Flexirente“ verbirgt sich lediglich ein Paket von Maßnahmen, die 2017 im Rahmen eines Gesetzes zur „Flexibilisierung“ des Übergangs in den Ruhestand in Kraft getreten sind und von der Deutschen Rentenversicherung auch mit Flyern und Videos beschrieben werden (Infos zur Flexirente).

Gesetzliche Renten

Seit dem Jahr 2012 wird das gesetzlich festgelegte Alter zum Bezug der Regelaltersrente schrittweise von 65 Jahren auf 67 Jahre angehoben. Wer vor dieser Regelaltersgrenze eine Rente erhalten möchte, muss eine lange Wartezeit erfüllen und eine gewisse Altersgrenze erreichen:

  • Die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte setzt 45 Jahre auf dem Versicherungskonto voraus. Wer das erfüllt, kann – je nach Geburtsjahrgang – zwischen dem 63. und dem 65. Lebensjahr vorzeitig in Rente gehen.
  • Bei der vorzeitigen Altersrente für langjährig Versicherte muss eine Wartezeit von 35 Jahren erfüllt sein. Diese Rente kann für Geburtsjahrgänge ab 1955 ab dem 63. Geburtstag in Anspruch genommen werden, allerdings nur mit Rentenabschlägen. Beim frühestmöglichen Rentenbeginn betragen diese zwischen 9,9 % für den Jahrgang 1955 und 14,4 % ab dem Jahrgang 1964.
  • Auch die Altersgrenze für eine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen wird derzeit schrittweise angehoben. Das Alter, ab der man überhaupt diese Rente beziehen kann, wird von 60 Jahre auf 62 Jahre heraufgesetzt, die Altersgrenze für die abschlagsfreie Rente von 63 auf 65 Jahre. Wer die auch hier geltende Wartezeit von 35 Jahren erfüllt, kann diese Rente mit Rentenabschlägen von maximal 10,8 % in Anspruch nehmen.

Betriebsrente

Tarifbeschäftigte des Bundes und der Länder erwerben nach einer Wartezeit von fünf Jahren einen Anspruch auf Betriebsrente bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Die Tarifbeschäftigten der Kommunen und der kirchlichen Einrichtungen werden bei verschiedenen Zusatzversorgungskassen (ZVK) versichert.

Die Betriebsrente wird ausgezahlt, sobald man eine gesetzliche Rente erhält und einen entsprechenden Antrag auf Betriebsrente gestellt hat. Eine Zahlung rückwirkend vor Antragstellung erfolgt nicht.

Die VBL und die kommunalen ZVK zahlen außerdem nicht, wenn die Altersrente nur als Teilrente beantragt wird (siehe unten). Die Abschläge bei einer vorzeitigen Rente entsprechen den Abschlägen in der gesetzlichen Rentenversicherung, allerdings sind sie auf 10,8 % gedeckelt.

Rente später beantragen?

Wer die Regelaltersrente nicht sofort, sondern zu einem späteren Zeitpunkt beantragt, erhält einen Rentenzuschlag. Dieser beträgt 0,5 % für jeden Monat. Wenn also die Rente ein Jahr nach Erreichen der Regelaltersgrenze beantragt wird, erhöht sich der Rentenanspruch um 6 %. Auf die Betriebsrente gibt es keine Zuschläge.

Ausgleich von Rentenabschlägen

Bei einer vorgezogenen Altersrente werden in der Regel Rentenabschläge in Höhe von 0,3 % pro Monat des vorzeitigen Ruhestands vorgenommen. Diese Rentenabschläge können ganz oder teilweise durch zusätzliche Beiträge in die Rentenversicherung ausgeglichen werden, doch sind die zu leistenden Zahlungen relativ hoch. Nach einem Beispiel der Rentenversicherung kann ein Rentenabschlag von monatlich 130 Euro durch eine Zahlung von etwa 30.750 Euro ausgeglichen werden. Einzahlungen sind ab dem 50. Lebensjahr als Eimalzahlung oder in Teilbeträgen möglich. Bei Versicherten, die sich (später) doch für eine abschlagsfreie Rente entscheiden, erhöhen die zusätzlichen Beiträge die monatliche Höhe. Für Menschen, die Geld „übrig haben“, wird diese Einzahlung im Rahmen einer Vermögensberatung aber durchaus empfohlen.

Teilrente

Rentnerinnen und Rentner können entscheiden, ob sie ihre Altersrente in voller Höhe oder nur teilweise in Anspruch nehmen. Die Höhe der Teilrente kann selbst festgelegt werden. Sie muss aber mindestens 10 % der Vollrente umfassen. Der Abschlag von dem nicht in Anspruch genommenen Rentenanteil ist beim späteren Rentenbezug geringer als bei der bereits bezogenen Rente.
Wer eine vorgezogene Altersrente als Teilrente bezieht, kann in einem höheren Umfang anrechnungsfrei hinzuverdienen. Die Höhe der Teilrente und damit die Hinzuverdienstgrenze kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft neu festgelegt werden. Die Betriebsrente wird in diesem Fall (noch) nicht gezahlt. Die zu dieser Frage seit Jahren laufenden Verhandlungen zur Anpassung der Tarifverträge kommen möglicherweise noch dieses Jahr zu einem Abschluss.

Rente und Hinzuverdienst

Wer die Regelaltersgrenze erreicht, kann hinzuverdienen, ohne dass Einkommen auf die eigene Rente angerechnet wird. Beim Bezug einer vorgezogenen Altersrente kann das zusätzliche Einkommen zu einer Kürzung der Rente führen:
Zum einen gilt eine allgemeine Hinzuverdienstgrenze. Danach bleiben Einkommen von bis zu 6.300 Euro im Kalenderjahr immer anrechnungsfrei. Für die „Corona-Jahre“ wurde diese Grenze erheblich erhöht und liegt für das Jahr 2022 bei 46.060 Euro. Dabei ist es unerheblich, in welchem Monat welche Beträge hinzuverdient wurden. Ein über dieser Grenze liegendes Einkommen wird zu 40 % auf die Rente angerechnet. Nach dem Koalitionsvertrag soll die erhöhte Grenze entfristet werden.
Darüber hinaus gibt es einen individuell berechneten Hinzuverdienstdeckel. Dieser richtet sich nach dem Jahr innerhalb der letzten 15 Jahren vor Rentenbeginn, in dem die höchsten Entgeltpunkte erzielt wurden („bestes Einkommen“). Im Rentenbescheid ist der „Hinzuverdienstdeckel“ aufgeführt. Im Vorfeld kann man ihn bei der Rentenversicherung erfragen. Liegt die Summe aus gekürzter Rente und Hinzuverdienst über dem „Hinzuverdienstdeckel“, wird der darüber liegende Teil zu 100 % auf die verbliebene Rente angerechnet. Auch diese Regelung ist derzeit pandemiebedingt ausgesetzt.

Beiträge zur Rentenversicherung

Wer neben dem Bezug einer vorgezogenen Altersrente einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht, zahlt auf diese auch Beiträge zur Rentenversicherung. Diese erhöhen jeweils zum 1. Juli des Folgejahres den Rentenanspruch.
Ab Erreichen der Regelaltersgrenze zahlen Rentnerinnen und Rentner bei Erwerbstätigkeit nur dann Beiträge zur Rentenversicherung, wenn sie dies gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich erklären. Tun sie dies nicht, bleibt „mehr Netto vom Brutto“. Auch der Arbeitgeber zahlt in die Rentenkasse ein. Seine Beiträge allein erhöhen die Rente aber nicht. Zahlen Versicherte Beiträge ein, so erhöht dies den Rentenanspruch nach den allgemeinen Regelungen. Die Erhöhung der laufenden Rente wird jeweils zum 1. Juli des Folgejahres umgesetzt.

Lebensarbeitszeitkonto

Für Beamtinnen und Beamte und tarifbeschäftigte Lehrkräfte in Hessen werden Stunden auf einem Lebensarbeitszeitkonto (LAK) gutgeschrieben. Nach den derzeitigen Regelungen endet die Gutschrift grundsätzlich mit dem 60. Geburtstag, bei Lehrkräften zum Ende des Schulhalbjahres. Diese Zeitguthaben können zwar unter bestimmten Voraussetzungen auch früher in Anspruch genommen werden, der Regelfall ist jedoch eine regelmäßige Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit vor Rentenbeginn. Bei Lehrkräften erfolgt der Abbau im letzten Schuljahr. Soll er nur im letzten Schulhalbjahr erfolgen, muss dies 1,5 Jahre vorher beantragt werden. Wer die Stunden vor einer vorgezogenen Altersrente abbauen möchte, muss dies 9 Monate vor dem gewünschten Renteneintritt beantragen. Der Abbau erfolgt dann im letzten Schulhalbjahr.

Kommunen und Bund

Die Tarifverträge zu flexiblen Arbeitszeitregelungen für ältere Beschäftigte (TV FlexAz) eröffnen für Tarifbeschäftigte der Kommunen (VKA) und des Bundes die Möglichkeit einer Altersteilzeit im Block- oder Teilzeitmodell von bis zu 5 Jahren. Außerhalb von Restrukturierungsmaßnahmen und Stellenabbau ist die Möglichkeit auf maximal 2,5 Prozent der Beschäftigten begrenzt. Das Teilzeitentgelt und die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und für die Betriebsrente werden aufgestockt. Als zweite Möglichkeit kann nach der Regelung zur Flexiblen Altersarbeitszeit (FALTER) die Arbeitszeit über einen Zeitraum von vier Jahren halbiert werden, wenn gleichzeitig eine gesetzliche Teilrente in Höhe von 50 % der Vollrente bezogen wird. Das Modell beginnt zwei Jahre vor dem Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente. Eine Aufstockung des Rentenbeitrags oder der Betriebsrente erfolgt nicht. Nach den derzeitigen Tarifverträgen müssen die Modelle vor dem 1. Januar 2023 beginnen.

Ende des Arbeitsverhältnisses

In der Regel endet das Arbeitsverhältnis automatisch mit dem Ende des Monats, in dem die oder der Beschäftigte die Regelaltersgrenze erreicht hat, für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen des Landes Hessen jedoch erst zum Ende des Schulhalbjahres, also entweder mit Ablauf des 31. Januars oder 31. Julis. Der Anspruch auf den Bezug der Rente und der Betriebsrente wird dadurch jedoch nicht verzögert.
Genauso wie ein Arbeitsverhältnis jederzeit zu jedem beliebigen Zeitpunkt beginnen kann, kann es durch die Vertragsparteien jederzeit und zu jedem beliebigen Zeitpunkt beendet werden. Dies geschieht dann durch einen Auflösungsvertrag, auch Aufhebungsvertrag genannt. In der Regel wird dieser durch den Arbeitgeber ausgefertigt.
Das Arbeitsverhältnis kann außerdem einseitig durch Kündigung unter Einhaltung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist beendet werden. Nach dem Tarifvertrag endet die Kündigungsfrist ab einer Beschäftigungszeit von mehr als zwei Jahren zum Schluss eines Kalendervierteljahres. Das Ende des Schulhalbjahres bzw. Schuljahres oder die Lage der Schulferien – insbesondere der Sommerferien – spielen keine Rolle. Daher sollte im Einzelfall eine Lösung unter Berücksichtigung der im Schuljahr bereits geleisteten „Einarbeitung der Ferien“ gefunden werden.

Über die Regelaltersgrenze hinaus

Seit dem 1. Januar 2022 enthält der Tarifvertrag für die Beschäftigten des Landes Hessen (TV-H) die Möglichkeit, den Beendigungszeitpunkt hinauszuschieben. Voraussetzung ist, dass hierzu noch vor Ende des laufenden Arbeitsverhältnisses eine entsprechende Vereinbarung getroffen wird. Die Verlängerung ist auch mehrfach möglich. Diese Regelungen entsprechen dem bereits zum 1. Januar 2020 geänderten TVöD (für Beschäftigte Bund oder Kommunen).
Alternativ dazu besteht weiterhin die Möglichkeit, das bisherige Arbeitsverhältnis zu beenden und einen neuen befristeten Arbeitsvertrag zu schließen. Dies kann in seltenen Fällen zu einer niedrigeren Entgeltstufe führen. Eine Verlängerung erscheint daher in der Regel sinnvoller.


Annette Loycke, Landesrechtsstelle

Onlinerechner der Deutschen Rentenversicherung
Betriebsrentenrechner der VBL