Tarif- und Besoldungsentwicklung

Wiesbaden will abkassieren | August 2014

Bekanntlich planen die schwarz-grünen Koalitionäre in Wiesbaden erhebliche Einschnitte bei der Besoldung und damit auch bei den Pensionen der hessischen Beamtinnen und Beamten.
 

Bis Mitte 2016 soll es nach dem Koalitionsvertrag eine 1,5-jährige Nullrunde geben, ab dem 1. Juli 2016 steigt nach dem Willen der Landesregierung die Besoldung jährlich nur noch um einen Prozentpunkt.

Dabei ist das angekündigte Kürzungsprogramm für die Beamtinnen und Beamten in Hessen nicht das erste seit Beginn des Jahrhunderts. Nullrunden gab es bereits in den Jahren 2005 bis 2007 im zeitlichen Zusammenhang mit der „Operation Düstere Zukunft“.

Der Vergleich mit der Tarifentgeltentwicklung verschiedener Wirtschaftsbranchen in dem Schaubild zeigt, dass die Nullrunden des vergangenen Jahrzehnts zu einer dauerhaften Abkopplung der Beamtenbesoldung von der allgemeinen Tarifentwicklung geführt haben. Denn anders als erwartbar sind die tariflichen Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer relativ unbeschadet durch die Konjunkturkrisen von 2002/2003 und seit 2009 gekommen.

2009 brachen vor allem die Kapitaleinkommen ein, konnten sich aber zur großen Freude Weniger schnell wieder erholen. Die eigentlichen Einschnitte der „Operation Düstere Zukunft“ (Kürzungen beim Weihnachtsgeld, Streichung des Urlaubsgeldes ab A9 und die Verlängerung der Wochenarbeitszeit) sind in die Grafik aus Gründen der Vergleichbarkeit noch nicht einmal eingearbeitet.

Nur zwischen 2011 und 2014 konnte die Beamtenbesoldung in Hessen gegenüber den durchschnittlichen Tarifverdiensten („gesamte Wirtschaft“) ein wenig Boden gut machen: Diese rund 0,6 Prozentpunkte sind in der Grafik allerdings kaum zu erkennen.

Ein Blick in die Zukunft: Da die Tarifentgelte auch während der zurückliegenden Krisen wuchsen, ist es gerechtfertigt, die Entwicklung für die Jahre 2014 bis 2018 mit dem Durchschnittswert der vorangegangenen zwölf Jahre fortzuschreiben. Unter dieser Voraussetzung zeigt die Prognose für die Beamtinnen und Beamten auf der Grundlage des Koalitionsplans eine deutliche, dauerhafte und mit den Jahren nach 2004 vergleichbare Abkopplung der Gehälter von denen der Tarifbeschäftigten.

Bis 2018 würde der Unterschied zur gesamten Wirtschaft schon auf 16 Prozentpunkte angewachsen sein, zum Investitionsgütergewerbe sogar auf 23 Prozentpunkte.

Das kann man auch in Eurobeträgen ausdrücken. Das Gehalt eines Studienrats (A13) hätte sich im Vergleich zu dem eines tariflich bezahlten Beschäftigten in der Investitionsgüterindustrie (z. B. Maschinenbau) zwischen 2001 und 2018 um monatlich 890 bis 1.135 Euro verringert, zum durchschnittlichen Tarifbeschäftigten um 620 bis 790 Euro. Und das mutmaßlich bis zum Ruhestand!

Übrigens haben sich die Tabellenentgelte der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst des Landes Hessen seit 2001 kaum anders entwickelt als die Tabellenwerte der hessischen Beamtinnen und Beamten. Die Abkopplung von den Zuwächsen in anderen Branchen betrifft jene in gleicher Weise.

Die schwarz-grüne Koalition in Wiesbaden muss sich fragen lassen, wie sie die gesellschaftliche Abwertung der hessischen Lehrerinnen und Lehrer und der Beschäftigten beim Land Hessen insgesamt, die hier zum Ausdruck kommt, begründen will! Eine Vereitelung des Vorhabens wird nur gelingen, wenn wir uns sehr energisch dagegen zur Wehr setzen.

Rüdiger Bröhling, Referent der GEW Hessen für Tarif und Besoldung

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