GEW Hessen zum Landesförderprogramm „Löwenstark“

Unterdimensioniert und mit falscher Schwerpunktsetzung

Pressemitteilung 19. Mai 2021

Die GEW Hessen sieht großen Handlungsbedarf an den Schulen, um die Folgen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen für Kinder und Jugendliche zu bewältigen. Dazu äußerte sich die Vorsitzende der GEW Hessen, Maike Wiedwald: „Die Schülerinnen und Schüler mussten in den vergangenen Monaten viel Zeit zu Hause verbringen. Für sie ist nicht nur Präsenzunterricht ausgefallen, sondern auch viele andere Dinge, sei es der Sportverein, unterschiedliche Freizeitangebote oder gemeinsam mit den Freundinnen und Freunden verbrachte Zeit. Daher wäre jetzt eine Fokussierung allein auf das Nachholen von versäumtem Lernstoff falsch. Es muss vielmehr zunächst um soziales Lernen gehen. Die Schülerinnen und Schüler müssen da abgeholt werden, wo sie jetzt stehen – auch mit ihren Problemen und Sorgen.“

Zu klein statt "löwenstark"

Das vom Bundeskabinett beschlossene Aufholpaket sowie das von der Landesregierung angekündigte hessische Förderprogramm „Löwenstark“ weisen nach Einschätzung der GEW Hessen zwar in die richtige Richtung, sie fallen aber zu klein aus und setzen falsche Schwerpunkte.

Nach Einschätzung von Tony C. Schwarz, stellvertretender Vorsitzenden der GEW Hessen, hat die Landesregierung mit den angekündigten 60 Millionen Euro keine zusätzlichen Mittel für die Schulen bereitgestellt, sondern lediglich nicht abgerufene Mittel umgewidmet: „Von den 100 Millionen Euro, die aus dem Corona-Sondervermögen für die Einstellung von Vertretungskräften in der Corona-Pandemie bereitgestellt wurden, sind lediglich 40 Millionen Euro abgerufen worden. Da die Mittel viel zu bürokratisch vergeben wurden, wurde nur ein kleiner Teil der Lehrkräfte vertreten, die aufgrund einer besonderen Gefährdung im Falle einer Infektion nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden konnten. Das Geld nun anders zu verwenden, ist zwar besser, als es liegen zu lassen, das reicht aber nicht aus!“

Die schwarz-grüne Koalition selbst geht nach Informationen der GEW Hessen davon aus, dass ein Pandemie bedingter Förderbedarf bei jeder vierten Schülerin bzw. jedem vierten Schüler gegeben ist, was einer Gesamtzahl von 200.000 entspricht. Um für diese Gruppe im kommenden Schuljahr zwei zusätzliche Förderstunden pro Woche in Kleingruppen von zehn Personen zu ermöglichen, wären rund 1.500 Vollzeitstellen erforderlich, was Gesamtkosten von 100 Millionen Euro entspräche.

Maike Wiedwald betonte in diesem Zusammenhang, dass das Förderprogramm unmittelbar am Unterricht ansetzen muss: „Angebote von Sportvereinen und kulturelle Projekte können eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Doch hierbei muss bedacht werden, dass diese Angebote auch von den Schulen koordiniert und begleitet werden müssen, wofür sie zusätzliche Ressourcen benötigen. Die Ferienangebote, auf die das Kultusministerium primär setzt, sind viel zu weit weg vom regulären Unterrichtsgeschehen. Daher erwarten wir, dass das Land mindestens die zusätzlichen 1.500 Stellen zuweist, um zusätzliche Förderangebote unmittelbar an jeder Schule anbieten zu können.“

Der seit Jahren bestehende, noch immer nicht behobene Lehrkräftemangel erschwert nun den Umgang mit den Folgen der Pandemie.

Gleichwohl bestehen Möglichkeiten, zusätzliches Personal im benötigten Umfang einzustellen: „Im Bereich des Grundschullehramts, beim Förderschullehramt und auch beim Lehramt an beruflichen Schulen ist der Arbeitsmarkt leergefegt“, legte Tony C. Schwarz dar.

„Wir haben aber nach wie vor zahlreiche Bewerberinnen und Bewerber für das Lehramt an Haupt- und Realschulen und für das Lehramt an Gymnasien, die auf ein Einstellungsangebot warten. Hier sollten nun Einstellungen vorgezogen werden. Zudem gibt es im Rahmen der neu geschaffenen UBUS-Stellen viele sozialpädagogische Fachkräfte, denen bislang nur eine Teilzeitstelle angeboten wurde und die für eine Aufstockung zur Verfügung stünden. Für die vielen Vertretungskräfte, die sich bereits im System befinden, benötigen wir endlich ein passgenaues Qualifizierungsangebot, das zum Erwerb eines Lehramts hinführt.“