Herausforderungen zur Tarifrunde bei Bund und Kommunen 2025

HLZ 9/10 2024

Für die Beschäftigten bei Bund und Kommunen beginnt die heiße Phase der nächste Entgelt-Tarifrunde im Januar des nächsten Jahres. Möglicherweise kann sie im März 2025 zum Abschluss gebracht werden. Denn für den 14. bis 16. März haben Gewerkschaften und Arbeitgeber bereits die 3. Verhandlungsrunde vereinbart. Die gewerkschaftlichen Beschlüsse zu den Forderungen sind noch nicht gefasst worden. Jetzt nach den Sommerferien erreicht die Diskussion mit den Mitgliedern zu dem, was wie in der Tarifrunde 2025 geregelt werden soll, ihren Höhepunkt. Am 8. und 9. Oktober sollen die Forderungen durch die Gewerkschaften beschlossen werden.
 

Bei den Verhandlungen geht es um die Gehälter und die Arbeitsbedingungen von rund 2,5 Millionen Tarifbeschäftigten von Bund und Kommunen. Davon organisiert die GEW Mitglieder vor allem im Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes (Kindertageseinrichtungen und kommunale sozialpädagogische Arbeitsfelder). Darüber hinaus spielen noch Volkshochschulen eine (kleine) Rolle sowie einzelne Forschungseinrichtungen beim Bund. Mittelbar sind die Ergebnisse für viele freie Träger von Bedeutung, bei denen der TVöD der Kommunen durch Bezugnahme gilt.
 

Kommunale Tarifrunde: Bedeutung auch für die Länder

Ein Rückblick auf die letzten Entgeltrunden seit 2023 offenbart aber auch, dass die kommunale Tarifauseinandersetzung große Strahlkraft auf andere Bereiche entfaltet.  Die im Rahmen einer Schlichtung gefundene Lösung beim Entgelt im April 2023 erwies sich schließlich als beispielgebend für die Beschäftigten der Bundesländer: Im ersten Jahr der Laufzeit stand den Beschäftigten eine  Sonderzahlung zur „Abmilderung der Inflation“ in Höhe von insgesamt 3.000 Euro zu, im zweiten Jahr folgte eine Anhebung der Tabellenwerte um zunächst einheitlich 200 Euro und anschließend um 5,5 Prozent. Das Tarifergebnis für die Beschäftigten der anderen Bundesländer („Tarifgemeinschaft deutscher Länder“, die TdL, in der alle Bundesländer außer Hessen zusammengeschlossen sind) folgte im Dezember 2023 diesem Muster. Und auch Hessen ließ sich, mit Abweichungen im Detail, auf dieses Modell bei der Tarifeinigung am 15. März 2024 in Dietzenbach ein, um es dann später auch in ein Besoldungsgesetz zu überführen. Die Wegmarkierungen, die die kommunale Tarifrunde 2025 setzt, könnten also erneut den Entwicklungspfad abstecken, auf dem sich tarif- und besoldungspolitisch die Bundesländer und auch Hessen 2025/2026 bewegen werden.
 

Insofern ist die kommunale Forderungsdebatte, die seit Frühsommer geführt wird, auch von großer Bedeutung für die nicht im Kommunalbereich tätigen Beschäftigten, die Mitglied der GEW sind. Nebenbei bemerkt: Die Zahl der Bundesbeschäftigten ist insgesamt recht gering.
 

Schlüsselthemen: Arbeitszeit und Entgelt

Mögliche gewerkschaftliche Ambitionen richten sich diesmal auf zwei unterschiedliche Felder der Arbeitsbedingungen. Arbeitszeit einerseits, Entgelt andererseits. Während in den vergangenen Tarifrunden, die im Schatten einer eklatant hohen Inflation standen, sehr bald deutlich wurde, dass der Kampf gegen allzu umfängliche Reallohnverluste Priorität genießen muss, fehlt es bisher an dieser Eindeutigkeit. Schon seit mehreren Jahren sind für die Beschäftigten in Kitas und kommunalen Einrichtungen – nicht anders als im Schulbereich – die Arbeitsbelastungen zu hoch. Der Punkt Arbeitszeitverkürzung und Entlastung ist daher schon länger ein virulentes Schlüsselthema.  Ein Thema, das angesichts der Inflationsentwicklung in den vergangenen beiden Jahren von vielen Beschäftigten bei Debatten über tarifpolitische Strategien zurückgestellt wurde. Das mag sich jetzt teilweise ändern. Nicht zuletzt, weil andere Gewerkschaften in Tarifauseinandersetzungen mittelfristig wirkende Arbeitszeitverkürzungen durchsetzen konnten.  Eine zum Beispiel geringere Wochenarbeitszeit könnte die Attraktivität des Berufes erhöhen. Kurzfristig fehlen dennoch Fachkräfte, und so fragen Kolleg:innen auch nach möglichen Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitgeber auf eine verkürzte Wochenarbeitszeit. Erhöhung der Arbeitsdichte? Radikalisierung der nicht nur hessischen Strategie, immer mehr Beschäftigtengruppen zu „Fachkräften“ in der Kita zu erklären, die dann aber wiederum von ausgebildeten Erziehern und Erzieherinnen angeleitet werden müssen? Einen gangbaren Weg zeigten einzelne Träger als es um die Umsetzung der in der SuE-Aufwertungsrunde 2022 vereinbarten Regenerationstage ging. Die wurden kurzer Hand mit entsprechenden Betriebsvereinbarungen auf Brückentag oder vor die Weihnachtspause gelegt, an denen dann die Kita ihr Angebot einschränkten konnte. Anders als bei den Regenerationstagen würde jetzt aber eine spürbare Reduktion zum Beispiel der Wochenarbeitszeit für die Arbeitgeber vergleichsweise teuer sein, da davon ja alle 2,5 Mio. Beschäftigten bei Bund und Ländern betroffen wären und eben nicht nur die Kolleginnen und Kollegen im Sozial- und Erziehungsdienst.  Das sind rund 300.000 bei den Kommunen.
 

Bei den vergangenen Diskussionen im Vorfeld des Abschlusses von April 2023 war klar, dass es den Gewerkschaften nicht gelingen würde, die Reallohnverluste der Beschäftigten aus der Zeit seit 2021 mit einem Abschluss vollständig zu kompensieren. Dafür waren die Preissprünge zu hoch. Auch wenn der Abschluss zu 10,9 Prozent höheren Tabellenentgelten (im Durchschnitt der Entgeltgruppe S8a und S8b führte (bei zweijähriger Laufzeit) – die Lücke bei den Reallöhnen für den Zeitraum 2021 bis 2024 beträgt immer noch 4,5 Prozent. Zwar nähert sich die Inflationsrate nach Prognosen etlicher Forschungsinstitute 2025 der Zweiprozentmarke, aber bei einem Tarifabschluss für das Jahr 2025 wäre eben auch das zu berücksichtigen.
 

Die beiden möglichen Ziele der Tarifrunde 2025 – verbesserte Arbeitsbedingungen durch kürzere Arbeitszeiten sowie Reallohnsicherung – stehen tendenziell zumindest in einem gewissen Konkurrenzverhältnis. Denn der Spardruck auf die öffentlichen Haushalte, es sei an die Diskussionen zur Schuldenbremse erinnert, wächst zurzeit stetig, und die Durchsetzungskraft der Gewerkschaften ist zwar im kommunalen Bereich vergleichsweise gut, aber eben auch nicht unbegrenzt. Am Ende der gewerkschaftlichen Forderungsdiskussion könnte sich erweisen, dass die Prioritäten, die die Beschäftigten verschiedener Tätigkeitsbereiche des öffentlichen Dienstes setzen, unterschiedlich sind. Die Lasten des nach wie vor hohen Preisniveaus  drücken in anderen Sektoren der kommunalen Arbeit die Beschäftigten möglicherweise stärker als im Bereich der Pflege oder des Sozial- und Erziehungsdienstes, wo es in den vergangenen Jahren eine günstigere Einkommensentwicklung gegeben hat als im Rest des öffentlichen Dienstes (unter anderem durch die Einführung der SuE-Zulage im Rahmen der Auswertungsrunde 2022). Am 9. Oktober 2024, wenn die ver.di-Tarifkommission mit Unterstützung der GEW Vertreter:innen tagt,  müssen die Interessen aller Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Kommunen unter einen Hut gebracht werden.