Medienbildungskompetenz

Universität Kassel entwickelt ePortfolio für Lehrkräfte

HLZ 7-8/2019: Digitalpakt

Die Schulen der Bundesrepublik Deutschland können in den nächsten Jahren im Rahmen des Digitalpakts mehr als fünf Milliarden Euro abrufen, um schuleigenes WLAN aufzubauen, interaktive Tafeln anzuschaffen oder Tablets zu kaufen. Sollen die Schülerinnen und Schüler „digitale Kompetenzen“ vermittelt bekommen, müssen allerdings zunächst die Lehrkräfte dieselben erwerben können. Zur Dokumentation und Reflexion für sich selbst, zum Austausch mit anderen sowie für Bewerbungssituationen bietet sich die Führung eines ePortfolios an. Wie aber könnte ein solches ePortfolio für Lehrkräfte aussehen und was kann es leisten? Eine Arbeitsgruppe an der Universität Kassel hat sich mit dieser Frage beschäftigt und unter anderem ein Beispiel-ePortfolio Medienbildungskompetenz erstellt.

Mit der Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ wurde ein umfassendes Konzept zur Digitalisierung der Bildungslandschaft in Deutschland vorgelegt (1). Die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften ist dabei ein wichtiges Handlungsfeld. Das Portfolio Medienbildungskompetenz ist Teil des Qualifizierungsportfolios gemäß § 66 des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes (HLbG) und wurde mit dem im Amtsblatt 3/2017 veröffentlichten Erlass des Hessischen Kultusministeriums (HKM) eingeführt. Es dient als freiwilliges Instrument der Dokumentation erworbener Qualifikationen im Bereich der Medienbildung während des Lehramtsstudiums, des Vorbereitungsdienstes oder während der Berufstätigkeit. Lehrkräfte sollen sich vermehrt mit dem Thema Medienbildung auseinandersetzen, um so im Stande zu sein, Schülerinnen und Schülern Medienkompetenzen zu vermitteln, und sich mit der Nutzung und dem Einsatz von Medien in Unterricht und Schule beschäftigen und diese reflektieren.
Durch das Erstellen sowie das fortlaufende Führen eines Portfolios Medienbildungskompetenz sollen Lehrkräfte darin unterstützt werden, „einen Überblick über erworbene[n] Kompetenzen anhand dargestellter Arbeitsergebnisse zu erhalten“ (Hessischer Bildungsserver), und bereits erworbene Fähigkeiten im Bereich der Medienbildung dokumentieren. Die Gliederung in fünf Kompetenzbereiche (Abbildung 1) wurde von Vertreterinnen und Vertretern der ersten, zweiten und dritten Phase der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften gemeinsam entwickelt.

Erfahrungen an der Uni Kassel

Da an der Universität Kassel bereits seit 2008 mit der ePortfolio-Software Mahara digitale Portfolios erstellt werden (2), entschied sich die Arbeitsgruppe für ein ePortfolio Medienbildungskompetenz.

Mittlerweile arbeiten viele Universitäten im Bereich der Lehrerinnen- und Lehrerbildung mit Mahara. Alle Studierenden der Universität Kassel haben Zugang zu der Plattform und die Möglichkeit, ein ePortfolio zu erstellen. Die Studierenden erweitern fortlaufend während des Semesters ihr ePortfolio, indem sie beispielsweise Aufgaben zu wissenschaftlichen Texten bearbeiten oder Reflexionsbeiträge zu ausgewählten Themen hochladen. Dabei gibt es zusätzlich die Möglichkeit, dass die Studierenden kooperativ arbeiten, indem sie Aufgaben gemeinsam bearbeiten oder sich gegenseitig Feedback auf ausgewählte Teile ihres ePortfolios geben. Im Bereich des Lehramtsstudiums wird zum Beispiel in einer Einführungsvorlesung der Bildungswissenschaften oder in Begleitveranstaltungen zu den Schulpraktika mit Mahara gearbeitet. Zusätzlich gibt es seit 2016 ein Kooperationsprojekt der Studienseminare in Kassel und einer Lehrveranstaltung im Bereich der Bildungswissenschaften (3), in dem ePortfolios für das kooperative Lernen genutzt werden. So wird eine phasenübergreifende ePortfolio-Arbeit in den unterschiedlichen Ausbildungsphasen ermöglicht.

Dass ein Portfolio heutzutage – insbesondere wenn es um die Dokumentation von Medienkompetenzen geht – ein ePortfolio sein sollte, das im Internet einsehbar ist, liegt auf der Hand. Auch wenn es für Anwenderinnen und Anwender in der Anfangsphase immer wieder zu größeren und kleineren Problemen kommt, so hat man doch nach kurzer Zeit Erfolgserlebnisse bei der Gestaltung eines eigenen ePortfolios und gewinnt Freude an der Arbeit mit Mahara.

Ein großer Vorteil von Mahara ist, dass man das ePortfolio tatsächlich „lebenslang“ führen kann. Immer wenn man ein neues Unterrichtsprojekt durchgeführt oder eine Fortbildung besucht hat, kann man eine zusätzliche Ansicht anlegen. Für den jeweiligen Zweck – zum Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, für eine Bewerbung etc. – fasst man dann die Ansichten zu einer Sammlung zusammen und schaltet das ePortfolio für den Adressaten frei. Was der Adressat sieht, entscheidet man selbst. So wäre das Portfolio Medienbildungskompetenz im Grunde nur ein kleiner Ausschnitt aus dem großen persönlichen Gesamtportfolio, das sich über die Jahre ansammeln wird.

Soll Software wie Moodle und Mahara im Schulbereich gewinnbringend eingesetzt werden, so ist es allerdings unumgänglich, dass – neben der flächendeckenden Ausstattung mit Hardware – entsprechende Fortbildungskapazitäten angeboten werden und die Lehrkräfte sowohl inhaltlich, etwa bei der Planung von Projekten, als auch technisch zeitnah und kompetent Beratung und Unterstützung erhalten.

Sonja Wedde und Daniel Grossmann

Sonja Wedde ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Kassel. Daniel Grossmann ist Pädagogischer Mitarbeiter der Universität Kassel.

(1) Sekretariat der Kultusministerkonferenz (2016). Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz.
(2) D. Bosse: Digitales Sammeln. Das ePortfolio in der Lehrerbildung – Stärken entdecken, Potentiale entfalten. In: M. Kekeritz, B. Schmidt & A. Brenne (Hrsg.), Vom Sammeln, Ordnen und Präsentieren. Ein interdisziplinärer Blick auf eine anthropologische Konstante (S. 83-96). München 2016.
(3) A. Busse und D. Bosse: Phasenübergreifende Lehrerbildung – wie sie gelingen kann. Seminar BAK Lehrerbildung und Schule, 2/2018, 132-142.

Zum Weiterlesen

V. Hornung-Prähauser, G. Geser, W. Hilzensauer und S.Schaffert: Didaktische, organisatorische und technologische Grundlagen von E-Portfolios und Analyse internationaler Beispiele und Erfahrungen mit E-Portfolio-Implementierungen an Hochschulen. Salzburg: Salzburg Research Forschungsgesellschaft 2007
Kasten

Portfolio Medienbildungskompetenz: Weiterführende Links im Internet

Hessisches Kultusministerium: kultusministerium.hessen.de/foerderangebote

Hessische Lehrkräfteakademie: lehr­kraefteakademie.hessen.de/fortbildung

Hessischer Bildungsserver: medien.bildung.hessen.de

Das hier beispielhaft gezeigte ePortfolio Medienbildungskompetenz ist unter folgender Adresse auf dem Hessischen Bildungsserver einsehbar: https://portfolio.bildung.hessen.de/view/view.php?id=34978

Was ist ein Portfolio?

Ein Portfolio (aus lat. portare, „tragen“ und folium‚ „Blatt“) ist eine Sammelmappe für Unterlagen oder Kunstwerke. Der Begriff wird in Kunst, Architektur und Design, aber auch in der Rechts- und der Wirtschaftswissenschaft verwendet. Schon in der Renaissance haben Baumeister ein Portfolio mit sich geführt, um sich für Aufträge zu bewerben. Erst relativ spät hat der Begriff in den Bildungsbereich Einzug gehalten, ist hier aber inzwischen nicht mehr wegzudenken.

Was ist ein ePortfolio?

„[Ein] E-Portfolio ist eine digitale Sammlung von ‚mit Geschick gemachten Arbeiten‘ (= lat. Artefakte) einer Person, die dadurch das Produkt (Lernergebnisse) und den Prozess (Lernpfad/Wachstum) ihrer Kompetenzentwicklung in einer bestimmten Zeitspanne und für bestimmte Zwecke dokumentieren und veranschaulichen möchte. Die betreffende Person hat die Auswahl der Artefakte selbstständig getroffen, und diese in Bezug auf das Lernziel selbst organisiert. Sie (Er) hat als Eigentümer(in) die komplette Kontrolle darüber, wer, wann und wie viel Information aus dem Portfolio einsehen darf“ (Hornung-Prähauser et al., 2007, S. 14).

Was sind Mahara und Moodle?

Mahara ist eine ePortfolio-Software und wurde in Neuseeland entwickelt. In der Sprache der polynesischen Māori bedeutet das Wort „Mahara“ „Denken“ oder „Gedanke“. Die Software ermöglicht sowohl Dokumentation der Ergebnisse als auch Reflexion des Prozesses sowie den Austausch in der Community.

Moodle (eigentlich engl. „trödeln“) ist eine kooperative Lernplattform. Moodle wurde ursprünglich in Australien entwickelt und ist inzwischen mit über 100 Millionen Nutzern an Schulen, Universitäten und privaten Unternehmen in über 200 Ländern weltweit verbreitet.

Durch das Moodle-Mahara-Paket wird beides allen hessischen Schulen kostenlos auf dem Hessischen Bildungsserver zur Verfügung gestellt (vgl. ABl. 03/17, S. 113).