Lehrerbildung: Hoffnung ohne Ressourcen

HLZ 3/2014: Schwarz-Grün in Hessen

Erfreulich ist, dass im Koalitionsvertrag die Bedeutung der Lehrerbildung als „Schlüssel für gute Schulen“ hervorgehoben und der Reformbedarf bei Aus-, Fort- und Weiterbildung anerkannt wird. Dass die Ausbildung von Lehrkräften insbesondere für die Arbeit in Ganztagsschulen und für die Umsetzung der Inklusion verstärkt werden soll, entspricht den Forderungen des GEW-Landesvorstands vom 25. Mai 2013 (1).

Staatsexamen und Referendariat

Das Regierungsprogramm von CDU und Grünen sieht vor, dass Staatsexamen und Referendariat beibehalten werden. Angesichts der unterschiedlichen Aufgaben von Lehramtsstudium und Referendariat, der erst in Ansätzen funktionierenden Kooperation zwischen Universitäten, Schulen und Studienseminaren und der Beschlüsse der Kultusministerkonferenz (KMK) zur Lehrerausbildung wird eine einphasige Lehrerausbildung in den nächsten fünf Jahren keine Chance auf Realisierung haben. Daher wird das Referendariat weiterhin die Aufgabe haben, „reflektierte Praktikerinnen und Praktiker“ auszubilden. Aus Sicht der GEW muss die modularisierte Struktur des Referendariats mit ihrer ständigen Benotung abgeschafft werden. Sie ist dem Prozesscharakter der Ausbildung abträglich, wie nicht zuletzt Helen Timperley klar machte.

Lehramtsstudium

Die GEW unterstützt die im Koalitionsvertrag versprochene „Einführung eignungsdiagnostischer Feststellungsverfahren zum Zweck einer freiwilligen Selbstüberprüfung der Studien- und Berufswahl“. Solche Verfahren freiwilliger Selbstüberprüfung werden derzeit schon an hessischen Universitäten praktiziert und sind weiterzuentwickeln (HLZ 1-2/2014). Die Koalition will an der Einführung eines Praxissemesters festhalten, dessen „konzeptionelle und organisatorische Grundlagen noch vor Start des Praxissemesters zum Wintersemester 2015/2016 überarbeitet und optimiert werden“ sollen.

Die GEW hält ein Praxissemester zwischen dem zweiten und vierten Semester des Lehramtsstudiums, das Schwarz-Gelb 2013 gegen den Widerstand aller Experten durchgesetzt hatte, für unsinnig. In der Anhörung vor dem Kulturpolitischen Ausschuss im März 2013 hat die GEW diese Ablehnung umfassend begründet (1).
Auch ein von der GEW nicht grundsätzlich abgelehntes Vertiefungspraktikum in der zweiten Hälfte des Studiums wäre ohne ein überzeugendes curriculares und organisatorisches Konzept und ohne zusätzliche Stellen an den Universitäten zum Scheitern verurteilt. Mentorinnen und Mentoren sowie Ausbilderinnen und Ausbilder müssen Anrechnungsstunden bekommen. Ein durch die „Schuldenbremse“ zum„Sparmodell“ verkommenes Praxissemester lehnt die GEW ab. Unter diesen Bedingungen plädiert sie für die Beibehaltung und qualitative Weiterentwicklung der bisher im Hessischen Lehrerbildungsgesetz festgelegten Praktika und schulpraktischen Studien.

Fort- und Weiterbildungsangebote

Die GEW begrüßt, dass Fort- und Weiterbildungsangebote ausgebaut und deren Qualität optimiert werden soll. Allerdings reicht es nicht aus, nur einige Angebote zu erweitern. Die Fortbildung muss wieder einen anderen Stellenwert und neue Möglichkeiten bekommen. Insbesondere sollten mehr längere Fortbildungen, die nachhaltig angelegt sind, möglich sein. Sie können nicht zusätzlich zur Unterrichtszeit stattfinden und erfordern auch strukturelle Reformen. Dazu hat die GEW Konzepte skizziert. Die Ideen von Professor Messner, Professorin Bosse und Dr. Edelhoff geben aus Sicht der GEW wichtige Anregungen zur Struktur künftiger Lehrerfortbildung (1).

Nicht explizit geht der Koalitionsvertrag auf die Berufseingangsphase ein, an der derzeit im Landesschulamt gearbeitet wird. Die GEW fordert ein Unterstützungsangebot in dieser für die Entwicklung von Lehrerprofessionalität entscheidenden Phase sowie Anrechnungsstunden. Die massiven Sparmaßnahmen in der Lehrerausbildung seit 2011 zeigen, dass die Qualität der Lehrerbildung von einer ausreichenden Ressourcenzuweisung abhängt. Konzepte können noch so gut sein, scheitern aber, wenn keine Zeit, keine Mittel und keine Unterstützung zur Verfügung gestellt werden, um diese umzusetzen.

Wer Lehrerbildung als „Schlüssel für gute Schulen“ begreift, muss die Ressourcen in der Aus- und Fortbildung erhöhen. Unabdingbar sind Anrechnungsstunden für Mentorinnen und Mentoren und eine Rücknahme der für die Ausbildung hinderlichen hohen Anrechnung der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst auf die Lehrerzuweisung der Ausbildungsschulen.


(1) Alle Beschlüsse und Dokumente als Download