Anforderungen an eine zeitgemäße IT-Ausstattung der Schulen

Das reicht noch nicht!

HLZ 3/2019 Koalitionsvertrag: Wortlaut und Stellungnahmen

In der Regel existieren an den hessischen Schulen zwei voneinander getrennte Netze: das „Pädagogische Netz“ und das „Schulverwaltungsnetz“. Alle hessischen Schulen haben einen Internetanschluss und darüber einen Zugang zu beiden Netzwerken. Auf das Pädagogische Netz haben Lehrkräfte, Schulleitungen und Schülerinnen und Schüler Zugriff, mitunter auch die IT-Verwaltung des Schulträgers. Administriert werden diese Netze von Lehrkräften der Schulen selbst, vom Schulträger oder von beiden. Zugangangsrechte für das Schulverwaltungsnetz haben ausschließlich Schulleitungen und bzw. oder die IT-Administration des Schulträgers sowie das Kultusministerium.

Netzwerk für Lehrkräfte
Inhalte, Zugangsberechtigung, Datensicherung und vieles mehr sind in der Verordnung über die Verarbeitung personenbezogener Daten in Schulen und statistische Erhebungen vom 4. 2. 2009 geregelt. Zugriff auf die „Lehrer- und Schülerdatenbank“ (LUSD) haben über das Schulverwaltungsnetz nur Schulleitungsmitglieder und Schulsekretariate. Lehrkräfte haben keinen Zugang. Da hier nicht nur Schülerdaten, sondern auch Personaldaten und interne Dienstvorgänge kommuniziert werden, ist eine Beschränkung auf die administrative Ebene erst einmal nachvollziehbar. Heute reicht die bisherige Netzstruktur nicht mehr aus. Lehrkräfte müssen Daten untereinander gesichert austauschen und Verwaltungsaufgaben erledigen, Zeugnisse und Klassen- und Kurslisten erstellen können. Dazu benötigen die Schulen ein weiteres abgesichertes Netz ähnlich dem Schulverwaltungsnetz, auf das alleine Lehrkräfte einen Zugriff haben.

Das funktioniert jedoch nur, wenn den Lehrkräften auch die notwendige Hardware zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung steht. Über private Rechner, Smartphones oder Tablets lässt sich kein gesichertes Netz für fast 60.000 Lehrkräfte in Hessen erstellen. Zu- und Abgangsmöglichkeiten für Daten können per Mail erfolgen. Der Mailverkehr würde dann – wie derzeit beim Verwaltungsnetz - über abgesicherte Mailserver abgewickelt.

Ein externer Zugriff über das Internet dürfte nicht ausreichend abzusichern sein und ist deswegen wohl auszuschließen. Auch in eine – wie auch immer gestaltete – Schul­cloud oder Lernplattform lässt sich ein solches Netzwerk nicht einbinden. Lernplattformen, über die Roman George in der HLZ 1-2/2019 berichtete, sind dem Pädagogischen Netz zuzuweisen, denn dort müssen auch Schülerinnen und Schüler Zugänge und Accounts haben können. Daraus ergeben sich die folgenden Forderungen:

  • Lehrkräften an öffentlichen Schulen müssen von Seiten ihrer Dienststellen genügend Rechner (Desktop-PCs oder Notebooks) zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung stehen, damit sie ihre Verwaltungsaufgaben erledigen können. Diese Geräte müssen in ein zweites Schulverwaltungsnetz (Lehrernetz) eingebunden sein, zu dem nur Lehrkräfte, Schulleitungen und die Kultusverwaltung Zugang haben.
  • Für die Arbeit im Pädagogischen Netz muss eine ausreichende Hardwareausstattung zur Verfügung stehen, um allen Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern bei Bedarf die Arbeit am PC, an Notebooks oder Tablets zu ermöglichen.
  • Jeder Unterrichtsraum muss mit einem Internetzugang ausgestattet sein und die Möglichkeit bieten, interaktive digitale Medien zu nutzen, z.B. einen interaktiven Beamer mit PC-Anschluss, so dass sich jede Lehrkraft dort einloggen bzw. ihr digitales Medium anschließen kann.

Eine Aufgabe der Lehrkräfte?
Die IT-Administration ist für die meisten Schulen nach wie vor ein ungelöstes Problem. Nur wenige große Schulen mit einer IT-Ausstattung im Umfang von mehreren hundert Rechnern – das sind insbesondere die berufsbildenden Schulen – verfügen über eine professionelle IT-Administration durch Fachkräfte. An den meisten Schulen wird diese Aufgabe noch immer von Lehrkräften übernommen. Schulübergreifende Netzwerke, die zentral administriert werden, sind zwar ein Fortschritt, aber letzten Endes keine befriedigende Lösung. Es verbleiben immer noch einige Stunden Administrationsaufwand pro Woche, die von Lehrkräften mit Anrechnungsstunden, über zusätzliche Bezahlung aus den Mitteln des Landes für den IT-Support oder in Form unentgeltlicher Überstunden geleistet werden müssen. Schulen, die in keinem Netzwerk sind, haben oft die gesamte Last der Administration zu tragen oder werden nur partiell durch den Schulträger unterstützt. Daraus ergeben sich folgende Forderungen:

  • IT-Administration ist die Aufgabe dafür ausgebildeter Fachkräfte, nicht die Aufgabe von Lehrkräften. Land und Schulträger müssen ein realistisches Konzept entwickeln, nach welchem Schlüssel die Wartung durch IT-Techniker durchgeführt werden soll. Dafür muss das notwendige Fachpersonal eingestellt werden.
  • Die inhaltliche Festlegung über die Nutzung digitaler Medien muss in der Entscheidung der Lehrkräfte bzw. der schulischen Gremien bleiben. Deshalb brauchen Schulen auch einen entsprechend entlasteten pädagogischen IT-Koordinator aus ihrem Kollegium.


Jugendmedienschutz
Die „Handreichung zum Jugendmedienschutz“ des Hessischen Kultusministeriums enthält sinnvolle Kernaussagen und Ratschläge (1). Der Aussage, dass die Arbeit mit digitalen Medien und die Aufklärung über sie eine Querschnittsaufgabe für alle Fächer ist, kann man nur zuzustimmen, auch dem Hinweis, dass auch die Elternarbeit vertieft werden muss. Hier stoßen Lehrkräfte oft an ihre Grenzen, genauso die zuerst einmal in der Verantwortung stehenden Eltern. Die meisten Kolleginnen und Kollegen versuchen ihr Bestes, um Schülerinnen und Schüler zu einem bewussten und kritischen Umgang mit den Informationen der Medien anzuleiten. Wenn jedoch das Verdrehen der Wahrheit, Diffamierungen und Fake News zum Alltagswerkzeug der sozialen Medien und sogar eines amerikanischen Präsidenten werden, sind alle pädagogischen Bemühungen zum Scheitern verurteilt. Nils Björn Schulz, ein Berliner Lehrer, beschreibt dies knapp und treffend: „Genauso schreiben sich gegenwärtig viele Eltern ihr Scheitern selbst zu, wenn es darum geht, den Medienkonsum ihrer Kinder zu reglementieren; dabei haben sie schlichtweg keine Chance gegen die Produktentwicklungs- und Werbestrategien großer IT-Konzerne. Es ist ja gerade das Geschäftsmodell vieler Firmen, die Begierden der Nutzer so anzutriggern, dass das Virtuelle ihr Dasein bestimmt oder Smartphones quasi als Organe ins Körperschema integriert werden. Die Nutzer werden nervös, wenn die Geräte nicht in Reichweite sind.“ (2)

Wenn sich also an den Gewohnheiten der Mediennutzung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt nicht grundlegend etwas verändert, stehen Lehrkräfte auf verlorenem Posten. Sie sollten sich den Schuh, verantwortlich zu sein für die Probleme, die sich aus dem Umgang ihrer Schülerinnen und Schüler mit den digitalen Medien ergeben, nicht anziehen lassen. Auch wenn die Erfolgsaussichten nicht sehr groß erscheinen, ist die Auseinandersetzung mit der Nutzung moderner Medien ein alltäglicher und unausweichlicher Bestandteil der Arbeit aller Lehrerinnen und Lehrer. So lassen sich auch hier drei Forderungen ableiten:

  • Lehrkräfte benötigen intensive, breit aufgestellte und aktuelle Fortbildungsangebote. Damit sind nicht die Angebote von Hard- und Softwareanbietern gemeint, sondern eine werbe- und produktunabhängige, nichtkommerzielle medienkritische Fortbildung. Alle hessischen Lehrerinnen und Lehrer müssen die Möglichkeit haben, solche Fortbildungen zeitnah in ihrer Arbeitszeit zu absolvieren.
  • Informatische Kompetenzanforderungen im Sinne der informations- und kommunikationstechnischen Grundbildung sind integrale Bestandteile jedes Schulcurriculums. Für vertiefende Auseinandersetzung und Arbeit mit digitalen Medien gibt es in der Gymnasialen Oberstufe das Fach Informatik.
  • Die Vermittlung vor allem inhaltlicher Mediennutzungskompetenz und der Jugendmedienschutz sind Querschnittsaufgaben für alle Lehrkräfte und alle Fächer. Die Einführung eines eigenen Fachs „Medienkunde“ hilft hier nicht weiter

Christoph Baumann, Referat Schule und Bildung im GEW-Landesvorstand


(1) Download unter dem Kurzlink bit.ly/2TnDtOq oder unter kultusministerium.hessen.de/sites/default/files/media/hkm/handreichung_zum_jugendmedienschutz.pdf
(2) Nils Björn Schulz: Fließbandarbeit in der Lernfabrik, Frankfurter Rundschau, 12. 1. 2019