Das Statistische Bundesamt hat im Wesentlichen drei Varianten zur Prognose der Zahl der Kinder im Grundschulalter vorgelegt: In Bezug auf die Geburtenrate und die Lebenserwartung liegen allen Varianten dieselben „moderaten“ Annahmen zugrunde, in Bezug auf die Wanderungsbewegungen wird zwischen einem niedrigen, einem moderaten und einem hohen Saldo unterschieden. Bis etwa 2025 unterscheiden sich die Varianten wenig, weil die Kinder der Altersgruppe von 6 bis unter 10 in ihrer großen Mehrheit heute schon geboren sind. Der hier abgedruckten Tabelle 1 liegt die mittlere Variante zugrunde.
Der Vergleich der von der KMK vorgelegten Zahlen mit den Zahlen des Statistischen Bundesamts macht deutlich, dass auch in Hessen von deutlich höheren Schülerzahlen auszugehen ist. Auf dieser Basis lässt sich problemlos der zusätzliche Bedarf an Grundschullehrkräften errechnen. Genau wie bei Klemm und Zorn wird auch in Anlehnung an die KMK die Zahl der Grundschulkinder pro Stelle mit einem Wert von 16,2 angesetzt.
In der Tabelle 2 wird zunächst der bisher von der KMK erhobene zusätzliche Bedarf ausgewiesen. Wird die KMK-Berechnung zur Lehrkräftelücke um die aufgrund der neuen Prognose des Statistischen Bundesamtes zu erwartenden zusätzlich fehlenden Lehrkräfte ergänzt, dann ergibt sich die in der Spalte „Gesamtlücke“ ausgewiesene Entwicklung: In den Schuljahren 2022/23 und 2023/24 ist mit 1.450 bzw. 1.300 fehlenden Lehrkräften zu rechnen. Angesichts des hohen Teilzeitanteils ist der hier von Klemm und Zorn übernommene Wert von 1,095 Personen pro Stelle eher zu niedrig, so dass die Zahl der fehlenden Personen noch höher sein dürfte.
Die hier aufgezeigte Entwicklung verlangt ein entschlossenes Handeln durch die Landesregierung. Wie die GEW wiederholt dargelegt hat, bezahlt das Bundesland Hessen seine Grundschullehrkräfte im Vergleich der Bundesländer vergleichsweise schlecht (2). Unter diesen Bedingungen und angesichts des deutschlandweit großen und steigenden Bedarfs an Grundschullehrkräften wird Hessen immer größere Schwierigkeiten bekommen, Lehrkräfte für den Primarbereich anzuwerben.
Tabelle 1: Prognose der Zahl der Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter
| |||||
Schuljahr | KMK | Statistisches Bundesamt | Differenz | Zusätzlicher Lehrkräftebedarf | |
in Stellen | in Personen | ||||
2018/19 | 219.832 | 223.200 | +3.368 | +208 | +220 |
2019/20 | 221.116 | 226.176 | +5.060 | +312 | +331 |
2020/21 | 223.921 | 231.136 | +7.215 | +445 | +472 |
2021/22 | 226.911 | 237.088 | +10.177 | +628 | +665 |
2022/23 | 230.169 | 243.040 | +12.871 | +795 | +841 |
2023/24 | 233.590 | 247.008 | +13.418 | +828 | +877 |
2024/25 | 236.380 | 249.984 | +13.604 | +840 | +889 |
2025/26 | 237.857 | 249.984 | +12.127 | +749 | +793 |
2026/27 | 238.647 | 249.984 | +11.337 |
|
|
2027/28 | 238.800 | 248.992 | +10.192 |
|
|
2028/29 | 238.253 | 248.000 | +9.747 |
|
|
2029/30 | 237.056 | 246.016 | +8.960 |
|
|
2030/31 | 235.283 | 246.016 | +10.733 |
|
|
Quelle: Statistisches Bundesamt und KMK, zum Teil eigene Berechnungen |
Tabelle 2: Zahl der zusätzlich benötigten Lehrkräfte in den Grundschulen in Hessen | |||
Schuljahr | nach KMK | zusätzlicher Bedarf | Gesamtlücke |
2018/19 | 260 | 220 | 480 |
2019/20 | 170 | 331 | 501 |
2020/21 | 300 | 472 | 772 |
2021/22 | 280 | 665 | 945 |
2022/23 | 610 | 841 | 1.451 |
2023/24 | 430 | 877 | 1.307 |
2024/25 | 0 | 889 | 889 |
2025/26 | -20 | 793 | 773 |
Quelle: Statistisches Bundesamt und KMK, eigene Berechnungen |
Kai Eicker-Wolf
(1) Klaus Klemm/Dirk Zorn (2019): Steigende Schülerzahlen im Primarbereich: Lehrkräftemangel deutlich stärker als von der KMK erwartet, Gütersloh.
(2) Kai Eicker-Wolf (2019): Nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, in: HLZ 9-10/2019.