Bundesweit einmalig

Promotionsrecht für Hochschule Fulda

HLZ 12/2016: Arbeitsplatz Hochschule

Seit der bereits im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen vereinbarten Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes (HHG), die am 1.1.2016 in Kraft trat, tragen die hessischen Fachhochschulen (FH) die Bezeichnung „Hochschulen für angewandte Wissenschaften“ (HAW), die Fachhochschule Frankfurt trägt den Namen „Frankfurt University of Applied Sciences“. Außerdem können sie jetzt für ihre forschungsstarken Bereiche beim Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) ein eigenständiges Promotionsrecht beantragen: 

„Darüber hinaus kann der Hochschule für angewandte Wissenschaften durch besonderen Verleihungsakt des Ministeriums ein befristetes und an Bedingungen geknüpftes Promotionsrecht für solche Fachrichtungen zuerkannt werden, in denen sie eine ausreichende Forschungsstärke nachgewiesen hat.“ (§ 4 Abs.3 HHG)
Um sicherzustellen, dass die Qualität der Promotionen in jedem Fall höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, legt das HMWK für die Forschungsstärke folgende Kriterien an:

  • Mindestens zwölf Professorinnen und Professoren einer Fachrichtung schließen sich in einem thematischen Promotionszentrum zusammen.
  • Die Forschungsstärke muss dabei von jeder einzelnen Professur über Publikationspunkte sowie über in der Vergangenheit eingeworbenen Drittmittel nachgewiesen werden.
  • Darüber hinaus muss die Hochschule Verfahren und Strukturen zur Qualitätssicherung darlegen.

Seit vielen Jahren forschen die HAW sehr intensiv und erfolgreich. Die Forschung ist dabei durch einen hohen Anwendungsbezug gekennzeichnet. Im Gegensatz zu Universitäten durften HAW allerdings bisher keinen eigenen Doktortitel an ihre Nachwuchskräfte vergeben, Promotionen waren nur in Kooperation mit Universitäten möglich. Der hessische Wissenschaftsminister Boris Rhein verlieh am 10.10.2016 der Hochschule Fulda als bundesweit erster Hochschule für angewandte Wissenschaften das eigenständige Promotionsrecht für das Promotionszentrum „Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Globalisierung, Europäische Integration und Interkulturalität“.

Die Hochschule Fulda hat noch in zwei weiteren Bereichen Anträge auf ein eigenständiges Promotionsrecht gestellt:

  • für das Promotionszentrum „Public Health“ in den Gesundheits- und Pflegewissenschaften und
  • im Verbund mit der Frankfurt University of Applied Sciences und der Hochschule RheinMain für das hochschulübergreifende Promotionszentrum „Soziale Arbeit“.

Weitere Pläne für hochschulübergreifende Promotionszentren, an denen die Hochschule Fulda beteiligt sein wird, gibt es für die Bereiche Angewandte Informatik und Wirtschaftswissenschaften im Schwerpunkt Logistik. Kooperative Promotionen mit Universitäten nach § 24 HHG sind weiterhin möglich und erwünscht.
Nach der Verleihung des Promotionsrechts für das erste Promotionszentrum der Hochschule Fulda Anfang Oktober geht es jetzt an die praktische Umsetzung. In den Promotionszentren werden nun Geschäftsordnungen und Promotionsordnungen verabschiedet, Promotionsausschüsse gebildet und – vergleichbar mit den universitären Promotionsgeschäftsstellen – eine zentrale Promotionskoordinationsstelle eingerichtet und mit Personal ausgestattet.

Die Promotionsbedingungen an den HAW in Hessen haben sich durch die Möglichkeiten des eigenständigen Promotionsrechts sehr verbessert. Die oft zeitraubende Suche nach einer Partneruniversität fällt weg, die Karrierechancen der Absolventinnen und Absolventen sind gestiegen. Das Studium an einer HAW wird mit der Promotionsmöglichkeit noch attraktiver.

Die Verleihung des eigenständigen Promotionsrechts an die HAW in Hessen ist auch ein Beitrag zu einer größeren sozialen Durchlässigkeit der Wissenschaft. Denn an den HAW studieren und promovieren traditionell mehr Menschen mit bildungsferner Herkunft als an Universitäten. Alles in allem ist das eigenständige Promotionsrecht für HAW eine sehr erfreuliche Entwicklung, der hoffentlich andere Bundesländer folgen werden.


Die Autorin ist seit 2008 zentrale Promotionsbeauftragte der Hochschule Fulda.