Erhöhen Sie die Honorare!

Mehr Anerkennung für Lehrbeauftragte an den Hochschulen

HLZ Mai 2023: Soziale Arbeit

Beim einem Treffen des Hessischen Lehrbeauftragtennetzwerks am 29. März verabschiedeten die Anwesenden einen offenen Brief an die Präsidentinnen und Präsidenten der hessischen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften, um „eine angemessene und für die Hochschulen machbare Erhöhung der Stundenhonorare für Lehrbeauftragte anzumahnen“. Die HLZ veröffentlicht den Brief, für den weiter Unterschriften gesammelt werden, im vollen Wortlaut:
Die Hochschule für Gestaltung in Offenbach hat bereits im Sommersemester 2022 die Sätze für Lehrbeauftragte auf 50 bis 60 € pro real gehaltener Stunde verdoppelt. Dies hilft bei der Gewinnung qualifizierter Lehrbeauftragter und verbessert die Attraktivität der Lehre an ihren Hochschulen.

Zwar übernehmen einzelne Hochschulen mittlerweile Fahrtkosten und haben auf Ebene der Fachbereiche und Institute je nach Anforderungen der Lehrveranstaltungen einen gewissen Handlungsspielraum bei der Höhe der festgesetzten Honorare, aber für die meisten Lehraufträge hat sich der Stundensatz seit vielen Jahren nicht verändert. Das bedeutet vor dem Hintergrund der angezogenen Inflation einen deutlichen Einkommensverlust. Besonders abträglich ist, dass notwendige Vor- und Nachbereitungszeiten für die Lehrveranstaltungen nicht vergütet werden, somit besteht ein gewisser finanzieller Anreiz, möglichst wenig Zeit mit der Leistungsfeststellung der Studierenden, z.B. durch das Lesen von Hausarbeiten, zu verbringen. Vor allem leisten Lehrbeauftragte viel Arbeit rund um die Durchführung ihrer eigentlichen Lehre: Erstellung digitaler Semesterapparate, Mailkommunikation mit Studierenden und der Verwaltung, Beiträge zu den Online-Lernplattformen, digitale Notenverwaltung u.v.m. Darüber hinaus wird kein Honorar gezahlt, wenn Lehrbeauftragte krank sind. Zusätzlich tragen sie mit den Kranken- und Sozialversicherungsbeiträgen die „Risiken“ ihrer Tätigkeit selbst.

Richtig ist: Anerkennung ist nicht nur die Höhe des Honorars. Arbeitsmittel, Übernahme von Kopierkosten, Unterstützung durch die Verwaltung, ein Raum für Lehrbeauftragte, strukturierte Fortbildungsangebote sind sinnvolle Ergänzungen, um gute Bedingungen für Lehrbeauftragte zu schaffen. Insbesondere von der Verwaltung der Hochschulen erfahren Lehrbeauftragte Unterstützung, Fortbildungen sind mancherorts schon vorhanden, die Übernahme – soweit nötig – von Kopierkosten ist verbreitet, ebenso die Unterstützung durch Hilfsmittel und die digitalen Plattformen der Hochschulen. (...) So sinnvoll die Verbesserungen unserer Rahmenbedingungen auch sind, sie lösen nicht das aus unserer Sicht mittlerweile zentrale Problem der zu geringen Bezahlung pro Stunde.

Wir haben zentrale Kompetenzen aus der beruflichen Praxis und leisten einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung der Fachkräfte von morgen! Die Honorare für Lehre in der freien Wirtschaft oder bei anderen Bildungsangeboten sind den Hochschulen schon lange enteilt. Wir geben unser Bestes für die Hochschulen und die Studierenden, dies aber bei einem real umgerechneten Stundenlohn inklusive aller dafür notwendigen Tätigkeiten von deutlich unter dem gesetzlichen Mindestlohn. Wir fordern eindringlich, diesen Missstand zu beenden!

Für eine nachhaltige Aufwertung der Honorare für Lehrbeauftragte ist eine Anhebung auf mindestens 50 € pro gehaltener Stunde plus die zusätzliche Vergütung von mindestens 6 Stunden Vor- und Nachbereitung je Lehrauftrag nötig. Es ist grundsätzlich zu prüfen, ob nicht die reale geleistete Arbeitszeit bezahlt werden kann. Unter der Annahme, dass hessenweit etwa 5.400 Lehrbeauftragte arbeiten, verursacht eine durchschnittliche Anhebung auf etwa 50 € pro Stunde (inkl. 6 Semesterwochenstunden für Vor- und Nachbereitung) ein Kostenvolumen von zusätzlich etwa 3,2 Millionen pro Jahr für alle Hochschulen. Mit eingeschlossen ist auch die Annahme, die Praxis der unentgeltlichen Titellehre zu beenden. Gemessen an den Gesamtausgaben des Hochschuletats in Hessen ist das eine durchaus realisierbare Forderung. Uns ist aber auch klar, dass dies auf durch die Heizkostenkrise angespannte Hochschulhaushalte trifft und verschiedene Hochschulen unterschiedlich stark belasten würde. Daher scheint es für uns vertretbar, eine Erhöhung zum Beginn des Wintersemesters 2023/24, jedoch spätestens zu dessen Ende umzusetzen. Im Zuge dessen regen wir an auch zu prüfen, ob nicht einzelne Angebote von Lehrbeauftragten gut durch regulär festangestelltes, am besten unbefristetes Personal übernommen werden können. Hier beobachten wir eine Tendenz, dass Lehraufträge in manchen Fachbereichen viel mehr zur Aufrechterhaltung des Pflichtangebotes anstatt nur zur Ergänzung des Lehrangebotes - wie im Hochschulgesetz vorgesehen - dienen.

Um auf der anderen Seite mögliche Einsparungspotenziale zu realisieren, sollte die hohe Hürde zur Ernennung einer Honorarprofessur überdacht werden. Die Bereitschaft zur Übernahme einer bezahlten Honorarprofessur durch einige Lehrbeauftragte wird sicherlich vorhanden sein. Die Hochschulen könnten dadurch eine bessere Verzah­nung zur Praxis erreichen.