Leerer Bauch studiert nicht gern!

Landeszuschüsse für Studierendenwerke in Hessen sinken

HLZ 4/2015: Studieren in Hessen

Erfolgreiches Studieren ist nur auf der Grundlage gesicherter Grundbedürfnisse möglich. Ohne Dach über dem Kopf und ohne regelmäßige Nahrungsaufnahme ist ein fruchtbares Studium schwer vorstellbar. Die Bereitstellung einer sozialen Infrastruktur ist besonders wichtig für Studierende, die aufgrund des finanziellen Hintergrunds auf kostengünstige Angebote angewiesen sind. Die Dienstleistungsangebote müssen für alle zugänglich sein, da beispielsweise Studierende aus dem Ausland auf dem privaten Wohnungsmarkt oft benachteiligt werden, und müssen sich zeitlich und räumlich gut in den Studienalltag einfügen.

Studierendenwerke wurden in den 1920er Jahren als Vereine zur Selbsthilfe gegründet, inzwischen sind sie jedoch in der Regel „Anstalten des öffentlichen Rechts“. Sie sind somit Teil des öffentlichen Diensts, verfügen aber über eine vergleichsweise große Selbständigkeit. Die Aufgaben der fünf hessischen Studierendenwerke in Darmstadt, Frankfurt, Kassel, Gießen und Marburg regelt das Gesetz über die Studentenwerke bei den Hochschulen des Landes Hessen: „Aufgabe der Studentenwerke ist die wirtschaftliche, soziale, gesundheitliche, sportliche und kulturelle Förderung der Studierenden. Die Studentenwerke berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse von Studierenden mit Kindern, behinderten Studierenden und ausländischen Studierenden. Sie fördern die Vereinbarkeit von Studium und Familie.“ (§ 3 Abs. 1)

Dabei arbeiten die Studierendenwerke nicht gewinnorientiert. Im Verwaltungsrat, der die wesentlichen strategischen Entscheidungen trifft, sind neben dem Präsidenten oder der Präsidentin der jeweiligen Universität mindestens ein Professor oder eine Professorin, zwei Studierende und zwei Bedienstete vertreten. Die studentischen Mitglieder werden vom Präsidium des Studierendenparlaments benannt, die der Beschäftigten vom Personalrat.

Besonders häufig werden ihre gastronomischen Angebote genutzt. So besuchen nach der 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (DSW) vier von fünf Studierenden in der Vorlesungszeit mindestens einmal pro Woche eine Mensa oder eine Cafeteria. Wohnheimplätze gibt es nur für wenige Studierende, die Mehrzahl lebt in einer anderen Wohnform. Während die Studierendenzahlen immer weiter ansteigen, stagniert die Zahl der Wohnheimplätze seit Jahren. Inzwischen entstehen zwar in Hessen neue Wohnheimplätze, für eine Entlastung der vielerorts sehr angespannten Wohnungsmärkte wird der moderate Zubau aber kaum ausreichen. Der DSW-Sozialerhebung zufolge wohnen in Hessen nur noch acht Prozent der Studierenden in einem Wohnheim, bundesweit sind es immerhin zehn Prozent.

Alle hessischen Studierendenwerke betreiben auch Kindertageseinrichtungen, in denen Kinder von Studierenden und von Hochschulbeschäftigten betreut werden. In seinem jährlichen Zahlenspiegel zählt das DSW für das Jahr 2013 in Hessen insgesamt 24 Einrichtungen mit 429 Betreuungsplätzen. Alle hessischen Studierendenwerke bieten eine Sozialberatung an, in deren Rahmen im Jahr 2013 insgesamt 5.800 Beratungskontakte stattgefunden haben. Eine psychologische Beratung gibt es an den Studierendenwerken Darmstadt, Gießen und Marburg. Seit der Einführung der gestuften Studiengänge ist der psychologische Beratungsbedarf von Studierenden, etwa aufgrund von Prüfungsangst oder wegen psychosomatischer Störungen, deutlich angestiegen.

Die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle der Studierendenwerke ist der Umsatzerlös aus Mieten oder Einnahmen aus dem Verkauf von Speisen und Getränken. Die zweitwichtigste Einnahmequelle sind die Semesterbeiträge, die alle Studierenden mit der Immatrikulation oder der Rückmeldung zahlen. Der Semesterbeitrag bewegte sich im Wintersemester 2013/2014 zwischen 70,00 Euro in Frankfurt und 85,89 Euro in Gießen. Insgesamt hatten die hessischen Studentenwerke im Jahr 2013 Einnahmen in Höhe von 118 Millionen Euro, davon entfielen 59,1 Prozent auf Umsatzerlöse und 24,7 Prozent auf Semesterbeiträge. Die Landeszuschüsse zum laufenden Betrieb beliefen sich hingegen auf lediglich 10 Millionen Euro, was 8,5 Prozent der Einnahmen entspricht.

Bundesweit hat sich der Anteil der Landeszuschüsse in den letzten Jahren deutlich reduziert, während der Anteil der Umsatzerlöse und der Semesterbeiträge entsprechend angestiegen ist. Das Land Hessen hat sich allerdings besonders weit aus der Finanzierung seiner Studierendenwerke zurückgezogen: Im Bundesdurchschnitt lag der Anteil der Landeszuschüsse zum laufenden Betrieb mit 9,1 Prozent etwas oberhalb des hessischen Niveaus, der Anteil der Semesterbeiträge deutlich darunter. Die Landesregierung hat angekündigt, ab 2015 die Zuschüsse für die Studierendenwerke um zwei Millionen Euro zu erhöhen. Hierbei handelt es sich bestenfalls um einen kleinen Schritt in die richtige Richtung, der angesichts des Zuwachses der Studierendenzahlen aber deutlich größer ausfallen müsste.

Roman George

Roman George ist Mitglied im Vorstand des GEW-Regionalverbands Hochschule und Forschung Mittelhessen.