Statt prekärer Beschäftigung:

Gute Arbeit an Hochschulen

HLZ 12/2016: Kommentar

Schaut man sich die Beschäftigungsstruktur im Mittelbau der hessischen Hochschulen an, zeigt sich: Ein Großteil der Beschäftigten hat keinen unbefristeten Arbeitsvertrag. Gründe dafür sind die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen, die kurzfristigen Finanzzusagen im Hochschulpakt und die zunehmende Abhängigkeit von Drittmitteln, die zwar größtenteils aus öffentlichen Mitteln stammen, aber nur kurzfristig und projektbezogen vergeben werden. 90 Prozent der Stellen im Mittelbau sind mittlerweile befristet, bei Drittmittelprojekten sind es nahezu alle.

Das Hangeln von einem Vertrag zum nächsten ist gängige Praxis geworden, mehr als die Hälfte dieser Verträge läuft unter zwölf Monaten und mehr als zwei Drittel auf Teilzeitbasis. Viele Beschäftigte im Mittelbau kommen mit ihrem Gehalt kaum über die Runden.

Was bedeutet das für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den Hochschulen? Sie haben keinerlei Planungssicherheit, leben über Jahre hinweg in beruflicher und finanzieller Unsicherheit und oft bleibt ihnen aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen und immer höherer Lehrbelastung auch die Möglichkeit zur eigenen akademischen Weiterqualifikation verwehrt. Das führt dazu, dass sich viele junge Beschäftigte nach Jahren der Befristungen andere Jobs suchen und den Hochschulen damit verloren gehen.

Hochschulen brauchen eine ausreichende und verlässliche Grundfinanzierung. Nur so können unbefristete Arbeitsverhältnisse geschaffen und jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern langfristige Perspektiven geboten werden. Wenn Hochschulen aber immer stärker auf die Einwerbung von Drittmitteln angewiesen sind, schafft das nicht nur prekäre Beschäftigungsverhältnisse, sondern gefährdet auch die Freiheit von Forschung und Lehre.

In Zeiten steigender Studierendenzahlen brauchen Hochschulen eine entsprechende personelle Ausstattung – im wissenschaftlichen Bereich ebenso wie beim technisch-administrativen Personal. Dies käme nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den Studierenden zu Gute.

Es ist gut, dass das Problem der zunehmenden prekären Beschäftigung an Hochschulen mittlerweile in der hessischen Landespolitik angekommen ist, weil Gewerkschaften, Personalräte und betroffene Beschäftigte die Zustände öffentlich gemacht und sich dagegen gewehrt haben.

Um gute Arbeitsbedingungen und angemessene Bezahlung an den Hochschulen durchzusetzen, sind starke Gewerkschaften und die Organisierung der Beschäftigten nötig. Nur wenn Druck entfaltet wird, werden sich die politischen Rahmenbedingungen verbessern lassen. Prekäre Beschäftigung und Befris­tungsunwesen wurden in den letzten Jahren – nicht nur an den Hochschulen – politisch gefördert und flankiert, beispielsweise durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Dieses Problem im schwarzgrünen Koalitionsvertrag zu benennen, reicht nicht. Die Landesregierung muss handeln, statt die Verantwortung an die „autonomen“ Hochschulen zu delegieren.


Janine Wissler, Mitglied des Hessischen Landtags | Fraktion Die Linke