Uni Marburg: Haushaltssperre unverantwortlich

GEW unterstützt Initiative Mittelbau FB03 und Bündnis Revolte gegen die Vermarktlichung des Bildungswesens (ReVerBi)

Für eine gerechte Ausfinanzierung der (hessischen) Universitäten!

"Der Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Philosophie war seit Jahren mit Studierenden überbelegt. Dass jetzt bei einer normalen Auslastung und mehr Geld vom Land trotzdem eine Haushaltssperre verhängt wird, können Studierende und Beschäftigte zu Recht nicht verstehen. Die Qualität des Studiums ist in Gefahr" kritisiert Tobias Cepok, Referent für Hochschule und Forschung der GEW. Die GEW unterstützt die Studierenden und Beschäftigten gegenüber der Universitätsleitung und der Politik die Haushaltssperre doch noch abzuwenden. Cepok fordert "das strukturelle Problem der Hochschulfinanzierung muss gelöst und nach anderen Möglichkeiten gesucht werden, das aktuelle Defizit nicht zu Lasten von Studierenden und befristet Beschäftigten auszugleichen."

Gemeinsame PM von Initiative Mittelbau FB03 und Bündnis Revolte gegen die Vermarktlichung des Bildungswesens (ReVerBi)

Anlässlich der digitalen Hochschultage (27. bis 28. Januar 2021), an denen neue Studierende für die Universitäten gewonnen werden sollen, weisen die Initiative Mittelbau FB03 und die Studierendeninitiative ReVerBi auf die finanziellen Missstände am Fachbereich 03 der Universität Marburg hin. Denn obwohl die hessische Landesregierung vor Kurzem den neuen Hochschulpakt verabschiedet hat und sich dafür lobt, dass nun ab 2021 „so viel Geld wie nie“ (HWMK1) an die Universitäten ströme, hat der Fachbereich 03 von diesen Geldströmen anscheinend nichts zu erwarten: So hat das Präsidium der Universität Sparmaßnahmen gegen den Fachbereich verhängt, die ein zukünftiges Defizit ausgleichen sollen. Der Großteil der Einsparungen soll im Personalbereich erfolgen: Im Falle eines auslaufenden Vertrages sollen Stellen für 12 Monate gesperrt werden, außerdem erfolgt eine Verkürzung der maximalen Laufzeit eines Zweitvertrages wissenschaftlicher Mitarbeiter:innen von 3 auf 2 Jahre. Diese Sparmaßnahmen sollen für die nächsten fünf Jahre Geltung haben.

Dies veranlasst engagierte Mitglieder des wissenschaftlichen Mittelbaus und der Studierendenschaft am FB03 dazu, sich in Initiativen zu organisieren und sich vehement gegen die Sparmaßnahmen auszusprechen. Sie fordern die Leitung der Philipps-Universität auf, sich der chronischen Unterfinanzierung entgegenzusetzen und die Sparmaßnahmen nicht auf dem Rücken des ohnehin schon prekären Mittelbaus und der Lehre umzusetzen. Für eine wirkungsvolle Veränderung des finanziellen Debakels ist es zudem unerlässlich, dass die Landesregierung für eine tragfähige Finanzierung der Universitäten sorgt.

Der wissenschaftliche Mittelbau ist aufgrund der Tatsache, dass Verträge hier grundsätzlich befristet sind, besonders stark von der Stellensperre betroffen. Doch fallen hier Stellen weg, ist eine Durchführung der Lehre auf bisherigem Niveau nicht gewährleistet: Die Seminare werden überfüllt, die Betreuungszeit geht gegen Null. „Unter diesen Bedingungen noch Zeit für das Forschen aufzubringen, ist geradezu unmöglich“, erklärt Constanze Erhard, Sprecherin der Initiative Mittelbau FB03 und ergänzt: „Für den wissenschaftlichen Mittelbau ist seit vielen Jahren mit befristeten 50%-Teilzeitverträgen eine prekäre Arbeitssituation Standard. Indem gleichzeitig Raubbau an den
Universitäten, insbesondere in den Geisteswissenschaften, durch Politiken des Kaputtsparens betrieben wird, werden wissenschaftliche Karrieren systematisch unattraktiv gemacht.“ Aus Sicht der Mittelbauinitiative zeugt dies von einer mangelnden Wertschätzung von sogenannten Buch-, Papierund Diskussionswissenschaften und der dort stattfindenden Forschung.

Das studentische Bündnis Revolte gegen die Vermarktlichung des Bildungswesens (ReVerBi) fordert den sofortigen Stopp der Sparmaßnahmen angesichts der bereits desolaten Lage der Lehre, um eine dauerhafte Verschlechterung von deren Qualität zu verhindern: „Ganz besonders während der Corona-Pandemie kann die Lösung der Krise nicht darin bestehen, die Wissenschaft und die Lehre
für Aufklärung sowie gegen Fake-News und Verschwörungsideologien einzudämmen und kaputtzusparen“, so eine Sprecherin des Bündnisses. „In den überfüllten Seminaren sitzen teilweise über 70 weitere Studierende, sodass kein wirklicher Austausch möglich ist, wohingegen Vorlesungen mit 600 und teilweise sogar mehr Personen schon eher Stadioncharakter haben. Ich lerne dort nicht
dazu, weil ich nicht mehr von anderen lernen kann. Durch zu große Seminare und fehlende Kommunikation bleiben wir alle in unserer eigenen Blase, obwohl gerade die Gesellschaftswissenschaften und die Philosophie von Diskussionen leben.“

Aus diesem Grund veröffentlichen die Initiative Mittelbau FB03 und ReVerBi an dieser Stelle ihre jeweiligen Stellungnahmen zu den Sparmaßnahmen am Fachbereich 03 (siehe Anhang).

1) https://wissenschaft.hessen.de/wissenschaft/hochschulpolitik/der-hochschulpakt-alssolidaritaetspakt

Pressemtteilung

Stellungnahme Mittelbau FB 03

Stellungnahme der Revolte gegen die Vermarktlichung des Bildungswesens