Verhandlungen zum Befristungsunwesen gescheitert

Hessische Hochschulen

Seit der Tarifrunde 2013 haben die Gewerkschaften GEW, ver.di und dbb tarifunion immer wieder das Befristungsunwesen in den Hochschulen zum Thema der Tarifverhandlungen mit dem Land Hessen gemacht. Die letzte Sitzung der Arbeitsgruppe fand am 10. Oktober 2018 in Wiesbaden statt. Die Arbeitgeberseite lehnte dabei die Vorschläge der Gewerkschaften zu einer beschäftigtenspezifischen Quotenregelung bei Befristungen ab, ohne selbst auch nur einen einzigen alternativen Vorschlag zu machen. Die Gewerkschaften erklärten daher, dass auf dieser Grundlage eine Fortsetzung der Tarifgespräche nicht mehr sinnvoll sei.
Der von den Gewerkschaften unterbreitete Vorschlag einer Quotenregelung sah – ohne Berücksichtigung des Drittmittelbereichs – durchschnittliche Zielmarken vor, die in der Tabelle dargestellt sind.
Die Zielquoten sollten nach Auffassung der Gewerkschaften Ende 2021 erreicht werden und als wichtiger Meilenstein zum Abbau des Befristungsunwesens an hessischen Hochschulen beitragen. Festzustellen ist, dass die Befristungsquote an den hessischen TV-H-Hochschulen bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zwischen 2013 und 2017 kaum zurückgegangen ist. Die Absenkung beträgt in diesen fünf Jahren lediglich rund einen Prozentpunkt. Klar ist aber auch, dass die Befristungsanteile in dieser Personalgruppe von Hochschule zu Hochschule derzeit zwischen 82 Prozent und 91 Prozent deutlich variieren. Aufgrund der vorhandenen Daten ist abschätzbar, dass typischerweise der Anteil der Qualifikationsstellen bei den Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (ohne Drittmittelbereich) 70 Prozent nicht überschreiten dürfte. Insofern wäre die Zielmarke von 75 Prozent durchaus arbeitgeberfreundlich und im Bereich des Möglichen.

Das gilt auch für die Personalgruppe der Lehrkräfte für besondere Aufgaben (LfbA). Hier sind die Argumente für den hohen Befristungsanteil in keiner Weise überzeugend, da sie offensichtlich Daueraufgaben leistet. Auffällig ist, dass bei dieser Gruppe die Befristungsquoten extrem unterschiedlich ausfallen: Sie liegen zwischen gut 25 % an der Uni Marburg und über 65 % an der Uni Kassel. Das, was in Marburg nahezu möglich ist, sollte sich doch auch hessenweit realisieren lassen! Ähnliches gilt für die Beschäftigten im administrativ-technischen Bereich: Hier weist die Statistik für die Universität Marburg eine Befristungsquote von 8,2 Prozent aus.

Bei den Gesprächen am 10. Oktober ist die Arbeitgeberseite in äußerst hartnäckiger Weise einer fruchtbaren Diskussion des vorgeschlagenen Quotenkonzeptes aus dem Weg gegangen. Ohne auch nur einen einzigen Gegenvorschlag zu machen, welche Quoten und Zeiträume das Wissenschaftsministerium für realistisch hält, beharrte es darauf, dass die vorgeschlagenen Regelungen angeblich „nicht zu verwirklichen“ seien. Das Ministerium könne zudem wegen der „Hochschulautonomie“ den Hochschulen „nichts vorschreiben“. Ein Wille, die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem wie auch immer gearteten Kompromiss zu berücksichtigen, bestand offensichtlich nicht. Auch der Hinweis auf die Autonomie der Hochschulen ist nicht überzeugend: Im Laufe des kommenden Jahres ist der Hochschulpakt neu zu verhandeln. Im Zusammenhang mit diesem Vertrag werden Zielvereinbarungen abgeschlossen, die zum Teil sehr genaue quantitative Vorgaben für jede einzelne Hochschule machen. Auf diesem von uns vorgeschlagenen Weg wäre es natürlich möglich, auch die Befristungsquoten im hessischen Hochschulbereich abzusenken.

Angesichts des seit der Tarifrunde 2013 immer wieder mit dem Land diskutierten Befristungsunwesens an hessischen Hochschulen haben die Gewerkschaften den dünnen Gegenvorschlag der Arbeitgeberseite als nicht akzeptabel zurückgewiesen: Man solle, so das Angebot, nun im Rahmen der Gespräche die verschiedenen Hochschulen einbeziehen, um zu eruieren, welche Maßnahmen gegen die hohe Zahl von Befristungen möglich seien. Erfahrungsgemäß – so etwa an der Goethe-Universität – hätten die Hochschulen bei einem solchen Vorgehen aber wiederum die relative Selbständigkeit der über die Befristungen entscheidenden Fachbereiche als Ausrede ins Feld geführt oder darauf hingewiesen, dass eine solche Fragestellung nur dann sinnvoll zu bearbeiten sei, wenn feststehe, welche Konditionen der nächste Hochschulpakt für den Hochschulsektor bereitstelle.

Unser Fazit: Der Arbeitgeber will mit den Gewerkschaften keine Regelungen zur Befristung von Arbeitsverhältnissen im Hochschulsektor vereinbaren. Das war in den vergangenen Jahren im gesamten öffentlichen Dienst auch außerhalb Hessens nicht anders. Vielmehr soll die volle Flexibilität für den Arbeitgeber erhalten bleiben, ohne das Interesse der Beschäftigten an gesicherten Berufsperspektiven auch nur im Ansatz berücksichtigen zu müssen. Die drei Gewerkschaften haben daraufhin einhellig erklärt, dass eine Fortsetzung der Gespräche zum Befristungsunwesen an Hochschulen zu diesem Zeitpunkt und angesichts der Blockadehaltung des Arbeitgebers keinen Sinn ergibt.

Wie geht es jetzt weiter? Das Thema Befristung ist für die Gewerkschaften nicht von dem Tisch. Wir arbeiten weiterhin auf allen Ebenen für Lösungen, um das Befristungsunwesen an den hessischen Hochschulen nachhaltig einzudämmen!

Gewerkschaften fordern Zielquoten zur Eindämmung des Befristungsunwesens

Wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen

  • Befristungsquote am 1.12.2017: 87,40 Prozent
  • bis 2021 zu erreichende Zielquote: 75,00 Prozent

LfbA

  • Befristungsquote am 1.12.2017: 45,80 Prozent
  • bis 2021 zu erreichende Zielquote: 20,00 Prozent

Beschäftigte im adminis­trativ-technischen Bereich

  • Befristungsquote am 1.12.2017: 16,23 Prozent
  • bis 2021 zu erreichende Zielquote: 8,20 Prozent

Eigene Berechnungen, Grundlage: Daten des Statistischen Landesamtes Hessen, Beschäftigte, deren Stellen aus Haushaltsmitteln finanziert werden, ohne Musik- und Kunsthochschulen, ohne die tarifrechtlich unabhängigen Hochschulen TU Darmstadt und Goethe-Universität Frankfurt.