Gegen rechte Hetze und Gewalt

Kommentar von Tony C. Schwarz

HLZ 5/2020: Rechte Hetze und Gewalt

Wenn diese Ausgabe der HLZ ihre Leserinnen und Leser erreicht, sind seit der Drucklegung drei Wochen vergangen. Das ist für die HLZ-Redaktion nicht neu, aber noch nie war unsere Ungewissheit über die Ereignisse und Veränderungen, die sich in diesen drei Wochen vollziehen, so groß wie unter den Bedingungen der Corona-Pandemie. Weil alles, was uns vor drei Wochen beschäftigte, beim Erscheinen dieser HLZ Makulatur sein kann, werden Sie auch in der Ausgabe der HLZ wenig zur Corona-Pandemie und ihren Folgen finden. Alle aktuellen Informationen und Stellungnahmen der GEW finden Sie auf unserer Homepage. Stattdessen werden wir uns vorrangig den Themen zuwenden, die durch die Corona-Pandemie an den Rand gedrängt werden, die uns aber alle weiter beschäftigen sollten und müssen. Dazu gehören die Gefahren, die dem gesellschaftlichen Frieden durch rechten Terror, rechte Hetze und Rechtspopulismus drohen.

„Qui habet aures audiendi audiat“: Wer Ohren hat zum Hören, der höre, heißt es im Matthäus-Evangelium (11,15). Wer wollte, konnte es wissen: noch vor Hanau, vor Halle, vor der Ermordung von Walter Lübcke, vor München 2016, vor dem Auffliegen der Terrorgruppe NSU, vor Lübeck, Solingen, Rostock-Lichtenhagen und noch davor und davor. In Deutschland existieren seit langem „rechte“ Extremisten, Netzwerke und Strukturen, die unsere freiheitlich-demokratischen Grundwerte in Frage stellen und ihrer Gesinnung auch brutale, tödliche Gewalt folgen lassen. Rechtsextreme Einstellungen, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Geschichtsrevisionismus und der Glaube an einen starken Führer gibt es aber nicht nur im Untergrund oder am Rand der Gesellschaft, sondern längst auch in deren Mitte. Gruppenbezogener Hass, die Ablehnung von allem, was als „anders“ empfunden wird, ist breit in allen gesellschaftlichen Schichten verankert. Einigen dunklen Facetten geht die HLZ in einem Schwerpunkt in dieser Ausgabe auf den Grund.

Warum bedurfte es so vieler dicht aufeinanderfolgender Gewalttaten, damit diese Realitäten endlich in den Fokus einer breiteren Öffentlichkeit und der Politik zu rücken? Nach der Ermordung von zehn Menschen am 19. Februar kamen der Bundespräsident und der hessische Ministerpräsident nach Hanau. Ihre moralischen Appelle, sich dem Terror, dem Hass und der Hetze entgegenzustellen, waren richtig und wichtig. Doch Appelle allein wirken wenig und verhallen schnell, wie wir jetzt schon spüren.

Gefragt sind ein handlungsfähiger Staat und ein solidarisches Miteinander, das die von vielen Seiten betriebene Ausgrenzungspolitik, das neoliberale „Divide et impera“ beendet. Eine Gesellschaft, in der die Menschen Abstiegsängste haben und die Spaltung von Oben und Unten, von Arm und Reich immer größer wird, hat wenig in der Hand, sich der erstarkenden rechten Extremisten zu erwehren.

Max Horkheimer sagte 1939 am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, wer vom Kapitalismus nicht reden will, solle „auch vom Faschismus schweigen.“ Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter gehörten zu den ersten, die die Nazis 1933 in die KZ brachten. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter stellen sich auch heute gegen Rechtsextremismus, rechte Hetze und rechten Hass.

Als Pädagoginnen und Pädagogen sind wir dem Bildungsauftrag der Hessischen Verfassung und des Schulgesetzes verpflichtet, „die Grundrechte für sich und andere wirksam werden zu lassen, eigene Rechte zu wahren und die Rechte anderer auch gegen sich selbst gelten zu lassen“.

Und als Gewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund treten wir für eine Wirtschaftspolitik ein, die dem Staat seine Handlungsfähigkeit zurückgibt, und für eine Sozialpolitik, die diesen Namen verdient.

Tony C. Schwarz
Stellvertretender Vorsitzender der GEW Hessen