Berufsorientierungskonzept der Landesregierung

GEW-Kritik bestätigt

In einem Brief an die beteiligten und betroffenen Gremien sowie hessischen Ministerien hatte die stellvertr. Landesvorsitzende Maike Wiedwald am 4.2.2016 die Kritik der GEW an der Umsetzung der sog. „Bildungsketten“ mitgeteilt.

In einem Artikel in der HLZ wurde von Christoph Baumann, Referat Schule und Bildung, über die OloV- Tagung im November 2015 berichtet.

In einem Schreiben an den Unterausschuss OloV  bestätigen die OloV-Regionalkoordinatoren in vielen Punkten die GEW-Kritik und die Art und Weise, wie die Landesregierung Berufsorientierung an Schulen versucht durchzusetzen.

Bildungsketten | Vergabeverfahren

GEW

Die GEW Hessen hält insbesondere die Verteilung der Fördermittel für einige Maßnahmen für sehr unausgewogen, so dass für sehr viele Schülerinnen und Schüler mit entsprechendem Förderbedarf keine Mittel zur Verfügung gestellt werden und sie damit deutlich benachteiligt werden.

Grundsätzlich fordert die GEW Hessen, dass Fördermittel allen Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf zur Verfügung gestellt werden. Ansonsten erfahren die nicht Geförderten eine weitere Benachteiligung und sind somit doppelt benachteiligt. 

Unterstützungsmittel gibt es u.a. noch für das PUSCH-Programm, was allerdings im Bereich PUSCH-A nur an Hauptschulen oder Hauptschulzweigen der KGSen finanziert wird. IGSen ohne abschlussbezogene Klassen gehen leer aus. Leidtragende sind insbesondere die Schülerinnen und Schüler mit der Prognose Hauptschule an den IGSen. Große Regionen bleiben zusätzlich ganz ohne Förderung, wenn – wie z.B. in Frankfurt – Hauptschulen abgeschafft werden. 

Forderung der GEW ist es deshalb, allen Schulen mit Schülerinnen und Schülern, die nach Klasse 9 oder 10 eine Ausbildung anstreben, die Chance zu geben, Fördermittel aus dem „Bildungsketten“-Programm zu erhalten. 

Forderung der GEW ist es, allen Schulen mit Schülerinnen und Schülern, die nach Klasse 9 oder 10 eine Ausbildung anstreben, die Chance zu geben, Berufseinstiegsbegleitung zu erhalten. Ein Muss ist die bedarfsgerechte Zuweisung für Berufseinstiegsbegleitung für alle Schulen, die inklusiv arbeiten.

  Olov-Koordinatoren

Unserer Meinung nach ist die Verzahnung der Angebote zur Berufsorientierung nur in Ansätzen gegeben. Potenzialanalyse, Berufsorientierungsprogramm und Berufseinstiegsbegleitung stehen als Säulen nebeneinander.

Dies liegt einerseits an der Vergabe der Maßnahmen: KOMPO7 wurde zentral an das Bildungswerk vergeben, BOP über BiBB-Ausschreibungsverfahren, BerEb über die Vergabe der Agentur für Arbeit. Die positiven Ansätze der Bildungskette verpuffen so in der unterschiedlich angelegten Umsetzungsstruktur. Die Maßnahmen bauen nicht aufeinander auf, sondern werden von verschiedenen Bildungsträgern oder Personen umgesetzt und begleitet, sie lassen sich nur unter größter Mühe in eine regionale Struktur einbinden. Der rote Faden bleibt ein Wollknäuel. (...)

Kompo 7 

GEW 

Zum Thema „Kompetenzfeststellung“ heißt es in der Vereinbarung: „Das BMBF fördert die Potenzialanalyse „KomPo7“ an allgemeinbildenden Schulen mit den Bildungsgängen Haupt- und Realschule bis 31.12.2018. Für diese Schulen scheidet eine darüber hinaus gehende Förderung von Potenzialanalysen im Rahmen des BOP aus.“ Dass im Bereich der Potentialanalyse alleine „KomPo7“ gefördert wird, obwohl dieses Verfahren bei Lehrkräften und Fachleuten umstritten ist, ist sachlich nicht zu begründen. (...) 

Hinzu kommt, dass der überwiegende Teil der Kompetenzfeststellung, entgegen allen Standards im Bereich der Potentialanalysen, von Lehrkräften durchgeführt werden soll, obwohl diese aufgrund ihrer Voreinstellung und Sicht auf die Schülerinnen und Schüler aus der Unterrichtsperspektive dafür am wenigsten geeignet sind. (...) 

Die GEW stellt fest: Potentialanalyse und Kompetenzfeststellung sind keine Aufgabe der Lehrkräfte, sondern müssen von externen Fachleuten und/oder der Jugendhilfe an der Schule durchgeführt werden.

  Koordinatoren 

Rückmeldungen von aus Schulen zeigen, dass die Umsetzung der Kompetenzfeststellung noch nicht gelöst ist.

Schulen stecken in dem Dilemma, dass sie per Erlass verpflichtet sind, eine Potenzialanalyse in den siebten Klassen durchzuführen. Von daher müssen die Rückmeldungen aus den Schulen positiv ausfallen.

Aus Rückmeldungen von Lehrerinnen und Lehrern wissen wir, dass:

  • die meisten über den Aufwand bei der Umsetzung klagen
  •  PA teilweise nur für diejenigen SuS angeboten wird, für die eine Fördervoraussetzung für Folgeangebote , wie Berufseinstiegbegleitung oder BOP, besteht (nicht in allen Regionen)
  • die Ergebnisse nicht oder nur selten weiter verwendet werden
  • KOMPO 7 nur begrenzt für Integrationsklassen geeignet ist
  • viele Lehrer lieber andere Verfahren, wie hamet2 einsetzen würden

 Artikel zum Kongreß (GEW/HLZ)  

GEW

Fazit: Unter weitgehender Abwesenheit von Kolleginnen und Kollegen aus den Schulen klopfte man sich gegenseitig auf die Schultern und schwelgte in Eigenlob. Kritik wurde vor allem an den (abwesenden) Lehrkräften geübt, konkrete  Verbesserungsvorschläge wurden nur am Rand eingebracht. Die Empirie beschränkte sich auf Prozentzahlen zu Übergängen und Abbrüchen. Ergebnisse aus Studien, in denen die beteiligten Akteure und die Betroffenen befragt wurden, wurden nicht zur Kenntnis genommen.

 

Für die sog. „OloV-Strategie“, war bisher die Unverbindlichkeit – oder,  positiv ausgedrückt, die Offenheit - eine Stärke, weil es möglich war, sich die jeweils nützlichen Teile herauszusuchen und anzuwenden. Wenn aber – wie von Tarek Al Wazir angekündigt – demnächst Zielvereinbarungen getroffen werden sollen, wird das die Akzeptanz von Olov  - zumindest in den Schulen nicht erhöhen. Ob sich Betriebsleitungen und Ausbilder in solche „Zielvereinbarungen“ einbinden lassen, ist mehr als fraglich. Zielvereinbarung setzen, wenn sie erfolgreich sein sollen, gleichberechtigte Partner voraus. Wenn sie – wie oft an Schulen – par ordre de mufti – erfolgen, bleiben Eigeninitiative und Kreativität auf der Strecke. Aber das ist ja an Schulen sowieso weniger erwünscht, wie die in den letzten Jahren inflationär in Kraft gesetzten umfangreichen Erlasse zum Bereich Berufsorientierung zeigen.

 

Koordinatoren

Regionalisierung versus Zentralisierung spielt in der Umsetzung der Landesstrategie eine wichtige Rolle. Wenn es um Verfahren und Vereinbarungen geht, zeigt die Erfahrung, dass Entscheidungsträger Generalisierungen bevorzugen und folgerichtig „Entscheidungen von oben“ favorisieren. Als letztes Beispiel in einer Reihe von Entscheidungen sei auf die Einführung der Koordinierungsstelle KOBO hingewiesen. Hier sollen Rekos und die Ansprechpartner Berufsorientierung Letter of Intend für Angebote des Berufsorientierungsprogramms ausstellen, die sie gar nicht beurteilen können. Entweder wird das Angebot geprüft oder die LOIs werden unbesehen unterschrieben. Ein Nährwert für die Arbeit in den Steuerungskreisen ist nicht zu erkennen. 

Einen Punkt erleben wir zunehmend als ärgerlich: von den verantwortlichen und beteiligten Akteuren in OloV werden weiterhin ungebremst Programme in die Welt gesetzt, ohne dass eine Abstimmung „oben“ erkennbar ist oder echter Raum für eine Abstimmung „unten“ gegeben wird.

Die regionale „Steuerung“ wird zur regionalen Verkündung. Statt Steuern bleibt nur noch Ausbügeln. Ähnlich war es bei den Berufseinstiegsbegleitern, Kompo 7 und vielem anderen.

(...)

Regionaltreffen haben oft nur noch Verkündigungscharakter“.

 

Weitere Kritikpunkte, die sicherlich von der GEW geteilt werden können:

Die Reduzierung der finanziellen Mittel (Neben der OloV Assistenz) auf 4000,- Euro für Druckerzeugnisse im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, reduziert die Steuerungsmöglichkeiten der Regionalen Koordination enorm.

Im Laufe der letzten Jahre wurden die Zuständigkeiten der Koordination immer wieder ergänzt und erweitert. Standen zu Beginn des Prozesses noch benachteiligte Zielgruppen im Mittelpunkt der Strategie, so entsteht durch den Erlass zur Berufs- und Studienorientierung eine Zielgruppenerweiterung. Dies verstehen und begrüßen wir zwar einerseits als Zugewinn im Sinne der Jugendlichen und der Strategie, vergessen wird jedoch hier der Zuwachs an Zuständigkeit und damit ganz schlicht „Arbeit“.

BWP (Berufswahlpass)

  • Beim Kenntnisstand und bei der Nutzung des Berufswahlpasses gibt es noch große Unterschiede bei den Schülerinnen und Schülern der verschiedenen Schulen. Im Schülerabgangsreport 2016 gaben nur etwa ein Fünftel der Schülerinnen und Schüler an, den Berufswahlpass zu kennen und unter 10% hatten Erfahrung im Umgang mit dem Berufswahlpass.
  • Fragt man die aufnehmenden beruflichen Schulen nach dem Berufswahlpass, dann erhält man meist die Antwort, dass keine Schülerin und kein Schüler den BWP mitbringen. Der Gebrauchswert für den weiteren Lebensweg ist von außen nicht zu erkennen.