Kerncurriculum Deutsche Gebärdensprache

Stellungnahme der GEW Hessen zum vorgelegten Entwurf

Die Stellungnahme ging an das Hessische Kultusministerium.

Die GEW Hessen begrüßt die beschlossene Einführung der Deutschen Gebärdensprache als Wahlfach, weist aber darauf hin, dass diese nur gelingen kann, wenn auch die entsprechenden Voraussetzungen in der Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte geschaffen werden. Bislang ist es an keiner hessischen Universität möglich, den Förderschwerpunkt Hören zu studieren. Die Etablierung dieses Förderschwerpunkts an mindestens einer hessischen Universität ist schon lange überfällig, durch die Einführung der Deutschen Gebärdensprache als Wahlfach wird diese noch drängender. Darüber hinaus müssen Weiterbildungsangebote in der Gebärdensprache aufgelegt werden, damit auch kurzfristig entsprechend ausgebildete Lehrkräfte aus allen Lehrämtern zur Unterrichtung dieses Faches zur Verfügung stehen.
Bezüglich des vorgelegten Entwurfs sei auf Folgendes hingewiesen:

S. 9, Sprachkompetenz: Da die Gebärdensprache – wie im Abschnitt zur Lesekompetenz bereits richtig dargestellt wird – eine mündliche Sprache ist, entfällt damit auch das Verfassen von Texten im klassischen Sinne. Daher sollte der Abschnitt zur Schreibkompetenz entsprechend angepasst werden.

S. 10, Besonderheiten der Deutschen Gebärdensprache: Hier wird zutreffend auf das
grundsätzliche Problem hingewiesen, dass bislang kein einheitliches Nachschlagwerk für die Deutsche Gebärdensprache vorliegt. Dies ist auf die erst seit wenigen Jahren bestehende offizielle Anerkennung der DGS zurückzuführen. Daraus ergibt sich allerdings die Frage, auf welcher Grundlage in den Schulen unterrichtet werden soll: Ist ein Gebärdenlexikon für die Schule vorgesehen oder soll in anderer Form ein verbindlicher Wortschatz definiert werden? Oder sollen vielmehr unterschiedliche Ausprägungen der Deutschen Gebärdensprache möglich sein?

Besonderheiten der Deutschen Gebärdensprache: Die Verwendung des Begriffs der
„Fremdheit“ und des „Fremden“ ist im Zusammenhang mit der Deutschen Gebärdensprache deplatziert und irritierend. Im Gegensatz zu anderen Fremdsprachen geht es nicht um die Sprachen anderer, möglicherweise als fremd empfundener Länder, sondern um eine Kommunikationsform, die sich grundsätzlich von der Lautsprache unterscheidet. Alternativ könnte hier beispielsweise der wertneutralere Begriff des „Ungewohnten“ verwendet werden. Zudem wäre auch der Hinweis auf eine Horizonterweiterung durch eine Sprache, die ganz anders funktioniert als unsere Lautsprache, sinnvoll.

Auch die Auseinandersetzung mit der Situation von Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen sowie mit der spezifischen Kultur der Gehörlosen-Community, wie sie auf S. 15 dargestellt werden, sollten bereits in diesem Abschnitt erwähnt werden.

S. 15, Transkulturelle Kompetenz: Auch an dieser Stelle ist zu fragen, auf welcher Grundlage das – als sehr wichtig erachtete – Wissen über die Gehörlosengemeinschaft vermittelt werden soll. Es ist auch in dieser Hinsicht dringend erforderlich, dass entsprechende Unterrichtsmaterialien und Fortbildungsangebote bereitgestellt werden.

S. 18, Bildungsstandards und Inhaltsfelder: In dem Abschnitt zur Sprachlernkompetenz sollte formuliert werden, dass die erworbene Sprachkompetenz es unter anderem ermöglicht, strukturelle Unterschiede zwischen der deutschen Lautsprache (anstelle von Deutsch) und DGS zu erkennen.

S. 25, Sprachlernkompetenz: Auch hier sollte der Begriff Deutsch durch deutsche Lautsprache ersetzt werden.

Birgit Koch, Vorsitzende GEW Hessen