Mehr bildungspolitische Ambitionen nötig!

Eltern, Schülervertretung und Bildungsgewerkschaft zum neuen Schulgesetz

Pressemitteilung 7. Februar 2017

Eltern, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte zeigen sich enttäuscht von dem vorgelegten Entwurf zur Novellierung des Hessischen Schulgesetzes. Im Vorfeld einer Anhörung im Kulturpolitischen Ausschuss des Hessischen Landtags forderten Landesschülervertretung, Landeselternbeirat, elternbund hessen, Landesgruppe Hessen im Grundschulverband, Landesausländerbeirat Hessen und GEW Hessen von der schwarz-grünen Koalition mehr bildungspolitische Ambitionen.

Maike Wiedwald, stellvertretende Vorsitzende der GEW Hessen, machte deutlich, dass Hessen mit der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention nicht von der Stelle kommt: „Der Ressourcenvorbehalt im Schulgesetz, der das Menschenrecht auf inklusive Bildung aushebelt, wird zwar neu formuliert, bleibt aber de facto bestehen. Weiterhin soll der Wunsch auf inklusive Beschulung von der Schulaufsichtsbehörde abgewiesen werden können. Es ist nicht absehbar, dass die neu im Schulgesetz verankerten ‚inklusiven Schulbündnisse‘ zu einem wirklich inklusiven Schulsystem führen werden. Auch wird das Versprechen der Koalition, das Dasein vieler Förderschullehrkräfte als ‚Wanderlehrerin‘ oder ‚Wanderlehrer’ zu beenden, nicht eingelöst.“ In Hessen wird bislang nur ein Viertel der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf inklusiv an einer allgemeinen Schule unterrichtet.

Mit Unverständnis reagierte Ilse Marie Krauth, die der Landesgruppe Hessen im Grundschulverband vorsteht, auf das Vorhaben, die Schulbezirksgrenzen für so genannte Standorte des inklusiven Unterrichts außer Kraft zu setzen: „An den Grundschulen ist gemeinsames Lernen die Normalität. Nun sollen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Rahmen der ‚inklusiven Schulbündnisse‘ auch an andere Schulen geschickt werden können. Dadurch müssen sie unter Umständen nicht nur einen längeren Schulweg in Kauf nehmen, sie werden auch aus ihrem sozialen Umfeld gerissen. Das widerspricht unseren Vorstellungen von inklusiver Beschulung und letztlich dem Auftrag der UN-Behindertenrechtskonvention.“

Auf Kritik stößt auch das Vorhaben, den „Pakt für den Nachmittag“ im Schulgesetz zu verankern, denn bei diesem handelt es sich um ein reines, zumeist kostenpflichtiges Betreuungsangebot. Dazu äußerte sich der Vorsitzende des Landeselternbeirats, Reiner Pilz: "Der Landeselternbeirat Hessen fordert den Ausbau echter Ganztagsschulen. Ganztagsschulen sind ein elementarer Baustein für mehr Bildungsgerechtigkeit. Der Pakt für den Nachmittag kann dies nicht leisten und stellt deshalb keine Alternative dar." Nach den Daten der Kultusministerkonferenz besuchen in Hessen nicht einmal fünf Prozent der Schülerinnen und Schüler eine gebundene Ganztagsschule, weniger als in jedem anderen Bundesland.

Eine Demokratisierung von Schule forderte Landesschulsprecher André Ponzi: „Schule muss zu einem Ort der gelebten Demokratie werden. Wir benötigen daher vor allem eine Stärkung der Schulkonferenz, sowie der allgemeinen Mitbestimmungsrechte von Schülerinnen und Schülern.“

Bereits im Sommer 2016 hatten die oben genannten Organisationen eine „grundsätzliche Neuausrichtung“ der hessischen Bildungspolitik gefordert und zahlreiche konkrete Forderungen vorgelegt. Nach ihrer übereinstimmenden Einschätzung wird die Koalition aus CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem vorgelegten Entwurf den aktuellen bildungspolitischen Herausforderungen nicht gerecht.