Arbeitszeit und Arbeitsbelastung

Frankfurter Studie: Ein Jahr vorbei – aber topaktuell

HLZ 4/2021: Personalratswahlen

21 Prozent der Vollzeitlehrkräfte arbeiten mehr als 48 Stunden, 89 % der Lehrkräfte sind durch Zeitdruck hochbelastet und müssen Abstriche bei der Qualität des Unterrichts machen, da sie nicht genug Zeit für die Vorbereitung haben, und 63 Prozent der Lehrkräfte an Frankfurter Schulen haben die Erfahrung gemacht, dass sie im hohen Maß mehr Arbeit in der gleichen Zeit bewältigen müssen als im Jahr davor.

Dies alles sind empirisch belegte Ergebnisse der Studie „Arbeitszeit und Arbeitsbelastung von Lehrkräften an Frankfurter Schulen 2020“, deren Erhebungszeitraum vor einem Jahr, genau am 8. März 2020 und somit fünf Tage vor Verkündung des ersten Lockdowns, endete.

Frankfurter Studie: Ein Jahr vorbei – aber topaktuell

Was direkt danach kam, wissen wir. Die Pandemie und die Suche nach Möglichkeiten, den Unterricht aufrecht erhalten zu können, traf die Schulen unerwartet und unvorbereitet. Im Fokus der Öffentlichkeit standen dabei oft die veraltete Technik und der Zustand der Schulgebäude, insbesondere die vielerorts fehlenden Lüftungsmöglichkeiten und mangelhafte Ausstattung mit Hygieneartikeln wie Seife und Handtüchern. Die Arbeitssituation der Lehrkräfte kam dagegen in der öffentlichen Wahrnehmung viel zu kurz. Dabei sind die Ursachen der hohen Belastungen lange bekannt. Jetzt machen genau diese Faktoren den Unterricht unter Pandemiebedingungen doppelt schwierig:

  • Die Gruppen sind zu groß, so dass man Abstandsregeln nicht einhalten kann.
  • Der Lehrkräftemangel sorgt dafür, dass Ausfälle von Kolleginnen und Kollegen nur durch Mehrbelastung des restlichen Kollegiums halbwegs kompensiert werden können.
  • Die Menge zusätzlicher Aufgaben wächst, die zudem jede Schule für sich definieren muss und für die keine ausreichenden Ressourcen bereitgestellt werden.

Kurz gesagt: Die Corona-Pandemie traf auf die seit langem grassierende Epidemie der Unterfinanzierung des Bildungswesens.

Präsenzunterricht im Vollbetrieb oder im Wechselmodell, zusätzlicher Distanzunterricht bei gleichzeitiger Notbetreuung: All dies sollen die Schulen unter völlig unzureichenden Bedingungen aus dem Boden stampfen und mit zu wenig Personal stemmen. Die Folgen: zusätzliche Mehrarbeit und noch höhere Belastungen. 

Sind damit die Ergebnisse unserer Arbeitszeitstudie hinfällig? Auf keinen Fall! Die Ergebnisse beschreiben vielmehr, wo wir nicht mehr hinwollen. Einige der zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Krise werden vorbeigehen. Andere werden uns dagegen noch lange begleiten. Und auch wenn wir alle Kolleginnen und Kollegen dabei unterstützen, einen adäquaten Ausgleich einzufordern, kann es nicht das Ziel sein, dass alles danach wieder genau wie vorher ist. Eine grundsätzliche Verringerung der Arbeitszeit und die Reduktion der Belastung sind dringend notwendig.

Aus diesem Grund hatte sich die GEW im September 2020 entschieden, die Ergebnisse der Studie trotz der pandemiebedingten Einschränkungen wie geplant zu veröffentlichen und auch wichtige Teilergebnisse immer wieder in verschiedener Art und Weise zu präsentieren, unter anderem in der HLZ 12/2020. Der Landesvorstand der GEW Hessen hat aufgrund der Ergebnisse sehr konkrete Forderungen beschlossen. Wenn sie durchgesetzt werden, würde dies die Belastung vieler Kolleginnen und Kollegen deutlich reduzieren. 

Bisher – und das ist auch eine Folge von Corona – konnte das Kultusministerium die Ergebnisse ignorieren. Dies gilt es zu ändern. Die GEW Hessen entwickelt zurzeit weitere Präsentations- und Umsetzungsformate, um mit diesem für uns so essentiellen Thema eine größere Öffentlichkeit zu erreichen. Dazu gehört auch eine Veröffentlichung der Studien­ergebnisse in Buchform, um weiter öffentlichkeitswirksam für unsere Forderungen aktiv zu streiten.

Sebastian Guttmann, Melanie Hartert und Thilo Hartmann
Referat Tarif, Besoldung und Beamtenrecht der GEW Hessen


Weitere Informationen zur Arbeitszeitstudie

HLZ 12/2020

Thema Arbeitsbelastung