Fachkräftekatalog

Stellungnahme

31. März 2020

Stellungnahme zu Ergebnissen der Unter-AG „Fachkräftekatalog“

die AG wurde im Zuge der Umsetzung des KiTa-Qualitäts- und Teilhabeverbesserungsgesetzes KiQuTG in Hessen gegründet, weil die Beteiligten der Fachgespräche zum hessischen KiQuTG die Problemstellung als zu vielschichtig und wichtig eingestuft haben, um diese in einem „Schnellschuss“ zu bearbeiten. Wir begrüßen, dass die wichtige und durchaus komplexe Fragestellung zur Erweiterung des Fachkräftekatalogs mit den Gewerkschaften und Fachverbänden diskutiert wird, bevor Entscheidungen getroffen werden.

Die Ergebnisse des ersten Treffens der Unter-AG Fachkräftekatalogs am 18. Dezember 2019 liegen nun zur Stellungnahme vor.

Wir müssen leider feststellen, dass -  wie schon bei den Fachgesprächen zu KiQuTG - auch hier das Thema leider nur unter dem Vorzeichen des Fachkräftemangels diskutiert und behandelt wird. Das ist nachvollziehbar, da man heute dringend gute Lösungen benötigt.

Als Bildungsgewerkschaft GEW weisen wir darauf hin, dass dem Fachkräftemangel früher und entschlossener hätte entgegengesteuert werden müssen.

Und auch jetzt, zum Zeitpunkt, an dem die Problemstellung intensiver besprochen wird, wird zu kurzsichtig auf eine schnelle Behebung des Fachkräftemangels fokussiert. Damit wird die Chance vertan, die Frühe Bildung unter neuen Gesichtspunkten zu diskutieren. Stattdessen wird an der bestehenden Gesetzessystematik festgehalten. Neue Idee und Konzepte können so nicht entwickelt werden und es bleibt bei einer Mangelbehebung im existierenden Rahmen.

Zu den einzelnen Punkten:

Ad 1) Die Leitung von Kitas und / oder Gruppen auch für Personen zu ermöglichen, die teilpädagogische oder berufsnahe Abschlüsse erworben haben,  ist theoretisch möglich, weil das gleiche DQR-Niveau vorausgesetzt wird. Wir geben an dieser Stelle aber zu bedenken, dass diese Personen ggf. nicht wissen, wie Krippe oder Kita „geht“, Gruppen oder Einrichtungen geleitet werden müssen.

Es müssen daher Weiterbildungsmöglichkeiten für diese Gruppe von Menschen geschaffen werden, damit sie die Chance haben, in diesem für sie vollkommen neuen Bildungsbereich fundiert einsteigen zu können.

Uns scheint zudem an einigen Stellen eine getrennte Diskussion nach den Altersbereichen U3 und Ü3 sinnvoll. Bspw. würde eine Person mit einem ersten Staatsexamen im Grundschullehramt im Ü3-Bereich, insbesondere bei der Vorbereitung auf den Übergang in die Grundschule, deutlich sinnvoller einzusetzen sein, als in einer U-3 Gruppe. Zu bedenken möchten wir bei diesem Vorschlag allerdings geben, dass es auch im Bereich Grundschulen einen erheblichen Fachkräftemangel gibt. Die GEW Hessen schätzt die Situation so ein, dass die – zwar im Schulsektor deutlich schlechter gestellten  –  Grundschullehrkräfte kaum einen Anreiz darin sehen werden, in den deutlich geringer entlohnten SuE-Bereich zu wechseln.

Ad 2) Die angesprochenen Bedenken, eine neue Kategorie „Leitung von Gruppen“ aufzunehmen, teilen wir vollumfänglich. Es könnte aus Sicht der GEW Hessen zu Verwerfungen innerhalb der pädagogischen Teams in den Einrichtungen kommen. Sollte eine solche neue Kategorie geschaffen werden, sprechen wir uns für eine verpflichtende Weiterbildung Qualifizierung innerhalb des ersten halben Jahres aus.

Die GEW Hessen spricht sich dafür aus, die Fachkräfte im Bereich Frühe Bildung aufzuwerten und deren Arbeitsbedingungen attraktiver zu gestalten. Dazu gehört es auch, Karriere-perspektiven anzubieten.

Statt fachfremde Personen auf neu geschaffene Leitungspositionen einzustellen, plädieren wir dafür, diese Stellen im Sinne einer Weiterqualifizierung für Erzieherinnen und Erzieher mit staatlicher Anerkennung zu entwickeln. Dieser Aufstieg müsste dann auch mit einer tariflichen Höhergruppierung der Kolleginnen und Kollegen einhergehen. Damit bietet man Chancen und Perspektiven für engagierte Kolleginnen und Kollegen, in ihrem Berufsfeld aufzusteigen und mehr Verantwortung in Führungspositionen zu übernehmen.

Ad 3) Der Frage „Kräfte zur Mitarbeit“  steht die GEW Hessen kritisch gegenüber. Es darf nicht sein, dass der Fachkräftemangel kosmetisch kaschiert wird, indem der Fachkräftekatalog so weit geöffnet wird, dass zwar auf dem Papier kein Fachkräftemangel mehr besteht, sich an der Situation vor Ort in den Einrichtungen aber nichts ändert, sondern ggf. sogar verschlechtert, weil noch mehr Aufgaben, wie die Einarbeitung und fachliche Begleitung nicht hierfür qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von den Kolleginnen und Kollegen übernommen werden müssen.

Mehr Personal für Kindertagesstätten zu finden ist wichtig, aber die Arbeitsbedingungen werden nicht besser und die Anforderungen nicht leichter, wenn das Ausbildungsniveau der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heruntergesetzt wird.

Ad 4) Die Zulassung von nicht-pädagogisch ausgebildeten Berufsgruppen lehnen wir ab. Natürlich kann das im Einzelfall je nach Konzept der Kita sinnvoll sein. Wir bewegen uns in der jetzigen Diskussion aber, wie oben schon bemerkt, auf der Ebene, Lösungen für den Fachkräftemangel zu finden, und genau hier wirkt dieser Vorschlag kontraproduktiv, weil es eben nicht um Fachlichkeit und die Sicherstellung der Fachlichkeit geht. 

Abschließend möchten wir noch einmal zusammenfassen, dass wir bedauern, dass die Frage der Erweiterung des Fachkräftekatalogs nicht unter pädagogischen Gesichtspunkten, sondern lediglich mit Blick auf die Behebung des Personalmangels diskutiert wird.

Zudem möchten wir als die Bildungsgewerkschaft GEW deutlich machen, dass dem Fachkräftemangel auch dadurch begegnet werden muss, den Stellenwert des Erzieher/-innen-Berufs wertzuschätzen, und die pädagogische Kompetenz der Kolleginnen und Kollegen anzuerkennen. Eine Fachkräfteoffensive sähe daher aus unserer Perspektive auch so aus, den Beruf für sowohl angehende, als auch schon im Beruf etablierte Kolleginnen und Kollegen attraktiver zu gestalten, um mehr Kolleginnen und Kollegen für den Beruf zu gewinnen und sie auch zu halten. Neue Führungspositionen fachfremd zu besetzen ist aus Sicht der GEW Hessen ein falsches Signal an die Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Stattdessen, oder zumindest begleitend, muss unserer Meinung nach eine Weiterqualifizierungsstrategie für Erzieherinnen und Erzieher entwickelt werden, um den Beruf  attraktiver zu gestalten und mehr Personen für den Beruf zu gewinnen. Zusätzlich sollte das Land Hessen Träger, die ausbilden und Praxisanleitungen zur Verfügung stellen, mit zusätzlichen Mitteln fördern, damit die Finanzierung der Träger sicher gestellt sind und die Praxisanleitungen freigestellt werden können.

Für eine Übergangszeit wird es erforderlich sein, Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger für die Arbeit im Sozial- und Erziehungsdienst zu motivieren. Wir möchten an dieser Stelle aber nochmal grundlegend betonen, dass dies für uns nur mit einer berufsbegleitenden, umfassenden Weiterbildung der Kolleginnen und Kollegen denkbar ist. Daher sind für die GEW Hessen folgende Kriterien wichtig:

  • Sicherung der Qualität in der Bildung und Betreuung und Erziehung
  • Einstiegsqualifizierung vor Beginn des Arbeitseinsatzes
  • Ausreichende Zeit und Entlastung der Kolleginnen und Kollegen während der berufsqualifizierenden Weiterbildung
  • Ausreichende Entlastung der Kolleginnen und Kollegen, die sich als Fachpraxisanleiterinnen und -Anleiter engagieren
  • Sicherstellung einer attraktiven Bezahlung in allen Phasen der Qualifizierung, bspw. durch noch vorzunehmende tarifliche Eingruppierungen und die Aufnahme der PiA ins BBIG
  • Ermöglichung eines qualifizierten Abschlusses (bspw. Gleichstellung mit der staatliche Anerkennung)

Stellungnahme Fachkräftekatalog