Streikteilnahme – erste Disziplinarverfahren eingeleitet

Was tun?

Oktober 2015

Nach unseren Informationen sind bei Kolleginnen und Kollegen, die am 16. Juni gestreikt haben, erste Schreiben zur Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens eingegangen. Sobald auch Du ein solches Schreiben erhältst, stelle gleich einen Antrag auf mündliche Anhörung.

Achtung: Der Antrag muss direkt beim Staatlichen Schulamt gestellt werden! Die Antragsfrist beträgt eine Woche für den Eingang beim Staatlichen Schulamt.

Wer dieses Schreiben während seiner Abwesenheit in den Ferien erhält und deshalb die Frist nicht einhalten kann, kann einen begründeten Antrag auf Wiedereinsetzung stellen. Der Antrag muss zwei Wochen nach der Rückkehr aus dem Urlaub beim Staatlichen Schulamt eingehen.

Ablauf Disziplinarverfahren Information der Landesrechtsstelle

Mündliche Anhörung | Fragen und Antworten Information der Landesrechtsstelle

Antrag auf mündliche Anhörung (doc)

Antrag auf mündliche Anhörung

Antrag auf Wiedereinsetzung (doc)

Antrag auf Wiedereinsetzung

Ansprechpartner vor Ort im Mitgliederbereich

Weitere Informationen zum Disziplinarverfahren, Argumentationshilfen und Anträge haben wir ebenfalls im Mitgliederbereich eingestellt. Da wir nicht von allen Streikenden E-Mail-Adressen haben – und ja auch Nichtmitglieder gestreikt haben – informiert bitte Eure Mitstreikenden aus dem Kollegium.

 

Vorabdruck: HLZ 11/2015 | Stand: 10. Oktober 2015

Disziplinarverfahren eingeleitet. Anhörungen zum Beamtenstreik vorbereiten!

In den meisten Schulamtsbezirken dürften inzwischen die Schreiben zu dem erwarteten Gehaltsabzug für am 16. Juni nicht gehaltene Unterrichtsstunden eingegangen sein. Wenn die Zahl der Stunden stimmt und keine weiteren Vorwürfe wegen einer Verletzung des Dienstpflichten erhoben werden, braucht man darauf nicht zu reagieren. Mit der später folgenden Mitteilung der Hessischen Bezügestelle über die Höhe des Gehaltsabzugs kann man das Streikgeld der GEW beantragen.

Ob gegen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Streiks am 16. Juni förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet werden, um ihnen einen Verweis zu erteilen, war bei Redaktionsschluss dieser HLZ noch nicht definitiv klar. Ein Erlass des Hessischen Kultusministeriums (HKM) vom 8. September 2015, der die Staatlichen Schulämter verpflichtet, gegen alle Streikenden förmliche Disziplinarverfahren auf der Grundlage des Hessischen Disziplinargesetzes (HDG) einzuleiten, um den Lehrkräften einen Verweis auszusprechen, stieß bei den Schulämtern auf Widerspruch, weil – anders als bei der Missbilligung, die nach dem Streik von 2009 ausgesprochen wurde, – für jeden der rund 6.000 Streikendteilnehmerinnen und Streikteilnehmer ein förmliches Verfahren eingeleitet werden muss.

Frist für mündliche Anhörung beachten!

Auf die Möglichkeit eines solchen Verfahrens hatte die GEW in ihren Informationen vor dem Streik hingewiesen. Für den Fall, dass der Erlass umgesetzt wird, verweisen wir zu diesem Zeitpunkt ausdrücklich auf die Homepage der GEW Hessen mit allen relevanten Informationen und Links auf der Startseite unter www.gew-hessen.de.

Zur Einleitung eines förmlichen Verfahrens muss jede Beamtin und jeder Beamte individuell angeschrieben und ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es ihr oder ihm „freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit einer oder eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen“ (§ 23 HDG). Solche Beistände stellt die GEW allen Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung, die dies wünschen. Da es für die Tätigkeit als Beistand keine weiteren Vorgaben gibt, kann man sich bei den Anhörungen auch gegenseitig unterstützen.

Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung gilt eine Frist von einem Monat und für die Abgabe der Erklärung, sich bei einer Anhörung im Schulamt mündlich äußern zu wollen, eine Frist von einer Woche.

Die Entscheidung für eine mündliche Anhörung, eine schriftliche Stellungnahme oder eine Nichtäußerung hat keinen Einfluss auf einen späteren Widerspruch gegen einen Verweis. Allerdings gibt es aus Sicht der GEW gute Gründe für eine mündliche Anhörung, um der Landesregierung, die sich bezüglich unserer Argumente und Forderungen tot stellt, noch einmal die Motive für den Streik und die konkreten Arbeitsbedingungen zu erläutern. Die Anhörung ist zu protokollieren.

Sobald Begründungen für den Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung vorliegen sollten, wird die GEW auf ihrer Homepage Hilfestellungen für eine mündliche Anhörung und eine schriftliche Stellungnahme zur Verfügung stellen. Der Verweis wird in dem Erlass des HKM als „eindringliche Pflichtenmahnung“ bezeichnet. Er „darf nach zwei Jahren ab seiner Rechtskraft nicht mehr verwertet werden und ist aus der Akte zu entfernen.“ Die Beamtin oder der Beamte gilt „nach dem Verwertungsverbot als von der Disziplinarmaßnahme nicht betroffen“ (§ 19 Abs.1 HDG). Über Widerspruchsverfahren und mögliche Klageverfahren in Einzelfällen wird die GEW rechtzeitig informieren.

Bei Redaktionsschluss der GEW lagen noch keine Erkenntnisse vor, ob auch Schulleiterinnen und Schulleiter mit der Durchführung der Verfahren beauftragt werden. Sollte dies der Fall sein, können auch sie sich an die GEW wenden. Angesichts von erheblichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit einer solchen Beauftragung besteht die Möglichkeit der Remonstration.

Das Recht ist auf unserer Seite

Dabei wissen wir das Recht und die Rechtsprechung auf unserer Seite. So hat das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Urteil vom 27.2.2014 ausdrücklich festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland völkervertragsrechtlich verpflichtet ist, dem in der Europäischen Menschrechtskonvention garantierten Streikrecht für Beamtinnen und Beamte „innerstaatliche Geltung zu verschaffen“ und das deutsche Recht „konventionskonform zu gestalten“. So lange muss der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Beamtenbesoldung die Tarifabschlüsse für den öffentlichen Dienst „in den Blick nehmen“. Diese Vorgabe wird von der hessischen Landesregierung weiter eklatant verletzt. Sie verweigert die Übertragung des Tarifabschlusses vom 15. April 2015 und will den Beamtinnen und Beamten eine Nullrunde bis zum 30. Juni 2016 verordnen. Danach soll die Besoldung der Beamtinnen und Beamten ohne jede Kenntnis der dann zu erwartenden Tarifabschlüsse und Einkommens- und Wirtschaftsentwicklung pro Jahr um ein Prozent steigen.

Harald Freiling, HLZ-Redakteur

Alle rechtliche Informationen zum Umgang mit den angekündigten Verweisen stehen im Mitgliederbereich in der rechten Spalte „Zum Beamt_innenstreik“.