Rede zum Warnstreik 12.10

Vera Weingardt und Henning Tauche sprechen über die Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen

[Vera:]

Hallo, ich bin Vera Weingardt, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Justus-Liebig-Universität Gießen und ich spreche hier heute als Vertreterin der Mittelbau-Initiative just_unbefristet.

Neben mir steht mein Kollege Henning Tauche, der für die Studentischen Hilfskräfte sprechen wird.

Wir stehen hier gemeinsam, denn: Gute Arbeitsbedingungen an den Hochschulen gehen uns alle etwas an: Studierende, Beschäftigte im Mittelbau, aber auch Professor:innen und sogar die Hochschulleitungen.

Wir fordern, dass unsere Perspektive in den laufenden Tarifverhandlungen beachtet wird. Denn wir brauchen endlich tarifliche Maßnahmen zur Eindämmung des Befristungsunwesens an den Hochschulen und wir brauchen endlich einen Tarifvertrag für Studentische Hilfskräfte.

Warum das nötig ist?

Befristete Arbeitsverträge an den Hochschulen sind gängige Praxis - mal abgesehen von den Professuren. In Hessen haben 83% der wissenschaftlich und 22% der administrativ-technischen Beschäftigten einen befristeten Arbeitsvertrag, Anteil steigend. Diesem immer weiter um sich greifenden Befristungs(un)wesen müssen wir endlich Einhalt gebieten!

… Deshalb fordern wir Herrn Innenminister Beuth als Verhandlungsführer des Landes Hessen auf: Machen Sie endlich den Weg frei für tarifliche Maßnahmen zur Eindämmung dieses Befristungsunwesens an den Hochschulen!

Letztes Jahr wurde ein neuer hessischer Hochschulpakt beschlossen. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Hochschulen dadurch finanzielle Planungssicherheit gewinnen und diese nutzen können, die Zahl der unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse für wissenschaftliches und wissenschaftsunterstützendes Personal auszubauen. Wir beobachten allerdings, dass die Verantwortung für das Schaffen besserer Arbeitsbedingungen an den Hochschulen immer weitergeschoben wird.

… Deshalb fordern wir Herrn Innenminister Beuth auf: Machen Sie den Weg frei für tarifliche Maßnahmen zur Eindämmung des Befristungsunwesens an den Hochschulen.

Denn statt die Verantwortung immer weiter hin und her zu schieben, ist es nun an der Zeit, einen ersten wirklichen Schritt zur Entfristung des Personals an den Hochschulen zu wagen. Befristungsquoten im Tarifvertrag wären ein guter Anfang. Wir Beschäftigte wollen uns endlich darauf verlassen können, dass Zusagen eingehalten werden, anstatt ewig auf die Wirkung unverbindlicher Selbstverpflichtungen zu warten.

… Deshalb fordern wir Herrn Innenminister Beuth auf: Machen Sie den Weg frei für tarifliche Maßnahmen zur Eindämmung des Befristungsunwesens an den Hochschulen.

[Henning:]

Mein Name ist Henning Tauche, ich bin Landessprecher der GEW Studis und im AStA der JLU Referent für Studentische Hilfskräfte.

Wir sind über 15.000 studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte in Hessen und machen damit etwa ein Drittel aller Beschäftigten an Hochschulen aus. Trotzdem werden wir nicht als Beschäftigte gezählt, denn für die Hochschulen sind wir nur Sachmittel.

Wir arbeiten in Forschung und Lehre, in der Verwaltung und im technischen Servicebetrieb. Wir lochen, tackern, scannen, drucken, füllen Datenbanken, werten Ergebnisse aus, messen, experimentieren. Wir tragen Bücher von A nach B, organisieren und gestalten Tutorien, unterstützen und beraten Studierende. Unsere Aufgaben und Tätigkeiten sind vielfältig. Die Hochschulen wären ohne uns einfach undenkbar.

… Deshalb fordern wir Herrn Innenminister Beuth auf: Machen Sie den Weg frei für einen Tarifvertrag für Studentische Hilfskräfte.

Die Löhne für Hilfskräfte liegen an einigen Hochschulen in Hessen kaum über dem oder in einem Fall sogar unter dem Mindestlohn. Keine Hilfskraft kann sich allein durch die Unitätigkeit den Lebensunterhalt finanzieren. Das hat zur Folge, dass 70 % der Hilfskräfte aus gehobenen oder sehr gehobenen Verhältnissen kommen. Viele Studierende können sich die Beschäftigung als Hilfskraft schlichtweg nicht leisten!  Wir brauchen endlich existenzsichernde Löhne für studentische Beschäftigte mit jährlicher Lohnsteigerung.

… Deshalb fordern wir Herrn Innenminister Beuth auf: Machen Sie den Weg frei für einen Tarifvertrag für Studentische Hilfskräfte.

Die meisten Hilfskräfte müssen alle 6 Monate einen neuen Vertrag unterzeichnen – teilweise sogar alle 2-3 Monate - , selbst wenn sie ihre Tätigkeiten über Jahre hinweg ausüben. Und oft müssen wir sogar einige Monate auf unsere Lohnzahlung warten, weil unsere Verträge in der Verwaltung liegen.

Weniger Planungssicherheit geht nicht! Das bedeutet für uns Hilfskräfte auch keine Flexibilität (wie man so gerne behauptet), sondern ist einfach nur Schikane. Wir brauchen endlich mehr Planungssicherheit durch längere Vertragslaufzeiten.

… Deshalb fordern wir Herrn Innenminister Beuth auf: Machen Sie den Weg frei für einen Tarifvertrag für Studentische Hilfskräfte.

In vielen Bereichen der Hochschulen werden Mindeststandards wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub nicht eingehalten. Viele Hilfskräfte müssen bei Krankheit ihre Stunden einfach später ableisten. Häufig müssen auch Arbeitsstunden, die sich unverschuldet angesammelt haben, z.B. weil die Hochschulgebäude während des ersten Lockdowns geschlossen waren, auch nach dem Vertragende noch nachgearbeitet werden.  Das darf nicht sein.

… Deshalb fordern wir Herrn Innenminister Beuth auf: Machen Sie den Weg frei für einen Tarifvertrag für Studentische Hilfskräfte.

[Vera:]

Heute stehen wir gemeinsam für Mittelbau und Hilfskräfte hier, um auf diese prekäre Beschäftigung an den Hochschulen aufmerksam zu machen. Dabei sind wir nicht allein: #IchBinHanna hat gezeigt, dass die, die unter dieser prekären Beschäftigung leiden, kein Einzelfall sind. Daher organisieren sich immer mehr Personen in Initiativen an ihrer Hochschule.

Denn wir als Mittelbau und Hilfskräfte haben dafür gesorgt, dass man trotz Corona oder Hackerangriff studieren, forschen und lehren konnte.

Wir haben unbezahlte Überstunden gemacht und mit Herzblut daran gearbeitet, dass die Hochschulen nicht stillstanden.

Wir haben den Laden sprichwörtlich am Laufen gehalten.

[Henning:]

Und deshalb fordern wir heute gemeinsam tarifrechtliche Regelungen für mehr unbefristete Beschäftigung an Hochschulen, Dauerstellen für Daueraufgaben, bessere Bezahlung und endlichen einen Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte.

Herzlichen Dank!