Corona: Landeshaushalt 2021

Auf die Krise soll die ausgabenseitige Konsolidierung folgen

HLZ 1-2/2021

Der hessische Finanzminister Michael Boddenberg hat Anfang November 2020 den Entwurf für den Haushalt 2021 sowie die Finanzplanung des Landes für den Zeitraum bis zum Jahr 2024 vorgestellt. Dabei – und hierüber ist sich auch die Landesregierung im Klaren – besteht aufgrund der Ungewissheit über den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie eine hohe Unsicherheit bei allen kurz- oder längerfristigen haushaltspolitischen Planungen.

Sicherheit durch Sondervermögen

Das Land hat sich dazu entschieden, durch ein kreditfinanziertes Sondervermögen mit einem Volumen von 12 Milliarden Euro auf die Krise zu reagieren. Mit diesem Geld stehen befristet bis zum Jahr 2023 Mittel zu Verfügung, mit denen in den kommenden Jahren unter anderem Steuerausfälle beim Land und den Kommunen ausgeglichen werden sollen. So plant das Land für das kommende Jahr Zuführungen aus dem Sondervermögen an den Landeshaushalt von 690 Millionen Euro. Trotzdem müssen auch im Landeshaushalt 2021 noch Kredite aufgenommen werden – geplant sind 1,7 Milliarden Euro.

Aus finanzpolitischer Sicht ist das Handeln der Landesregierung zu begrüßen, da anders als zu Zeiten von Roland Koch dem Konjunktur- und dem damit verbundenen Einnahmeeinbruch nicht hinterhergespart wird. Das Sondervermögen schafft zudem Planungssicherheit, insbesondere für die Kommunen, die vom Land bis 2023 2,5 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen erhalten sollen. Würde der konjunkturbedingte Rückgang der Steuereinnahmen nicht durch die Kreditaufnahme kompensiert, dann müsste das Land seine Leistungen einschränken und unter Umständen sogar Personal entlassen. Dies hätte dramatische Einschnitte bei den staatlichen Leistungen zur Folge, und die Arbeitslosigkeit würde stark steigen.

Anders als häufig behauptet ist die Schuldenbremse aufgrund der Corona-Pandemie allerdings nicht ausgesetzt worden. Vielmehr wurde im Rahmen der Schuldenbremse der Notfall erklärt – dadurch ist die gegenwärtige Krisenpolitik möglich. Bis 2024 will das Land nach der aktuellen Haushaltsplanung wieder zur so genannten „Schwarzen Null“ zurückkehren. Zudem ist das Land durch die Regelungen der Schuldenbremse verpflichtet, die im Corona-Sondervermögen aufgenommene Verschuldung in einem „angemessenen Zeitraum“ (Art. 141 Abs. 4 Satz 3 HV) wieder zu tilgen. Dafür sind 30 Jahre vorgesehen, was den Ausgabenspielraum für diese Jahre entsprechend beschneiden wird.

Nach der Finanzplanung soll die „Schwarze Null“ durch ein konsequente „Begrenzung künftiger Ausgabenzuwächse“ erreicht werden (1). Im Blick hat die schwarz-grüne Landesregierung dabei explizit die Tarif- und Besol­dungs­entwicklung: „Allein die Auswirkungen der letzten Tarif- und Besoldungsrunde belaufen sich ab dem Jahr 2021 auf jährlich 500 Mio. €. Für zukünftige Tarif-, Besoldungs- und Versorgungsanpassungen ab dem Jahr 2022 ist in der Finanzplanung ebenfalls angemessen Vorsorge getroffen worden. Allerdings können die kräftigen Zuwächse der Jahre 2019 und 2020 auf Grund der bestehenden Konsolidierungserfordernisse im Landeshaushalt nicht in die Zukunft fortgeschrieben werden.“ (2)

Auf dem Rücken der Beschäftigten

So richtig die aktuelle Finanzpolitik des Landes ist, so falsch ist diese mittel- bis langfristige Planung: Der angekündigte Sparkurs droht zu einer Belastung für die Konjunktur zu werden, was dann auch kontraproduktiv für die eigentlich angestrebte Konsolidierung wäre: Eine zu geringe staatliche Nachfrage gefährdet das Wirtschaftswachstum und hat dann auch geringere Steuereinnahmen als eigentlich erwartet zur Folge.

Zum anderen weist der Bildungsbereich eine erhebliche strukturelle Unterfinanzierung auf und würde eigentlich deutliche Ausgabensteigerungen erforderlich machen: Notwendig wäre eine Gleichbezahlung aller Lehrkräfte, der Investitionsstau in den Kitas, Schulen und Hochschulen müsste beseitigt werden und vieles andere mehr.

Deshalb muss neben einer Abschaffung der Schuldenbremse dringend über steuer- und abgabenpolitische Maßnahmen diskutiert werden. Eine Forderung, die in diesem Zusammenhang immer wieder genannt  wird, ist die Einführung einer Vermögensabgabe. Diese Idee knüpft an das so genannte Lastenausgleichsgesetz aus dem Jahr 1952 an. Durch die Erhebung einer Abgabe auf den Vermögensbestand des Jahres 1948 sollten Vermögensverluste oder sonstige Nachteile des Krieges ausgeglichen werden. Die Abgabe wurde nicht auf einen Schlag fällig, sondern wurde über 30 Jahre in einen Ausgleichsfonds eingezahlt.

Angesichts der enormen Ungleichverteilung des Vermögens in Deutschland und der damit verbundenen negativen gesellschaftlichen Folgen (3) erscheint die abermalige Erhebung einer Vermögensabgabe zur Stärkung der Finanzkraft der öffentlichen Hand durchaus sinnvoll. Dabei liegt seit November 2020 eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Bundestagsfraktion der LINKEN und der Rosa-Luxemburg-Stiftung vor, die die Aufkommenswirkung einer solchen Abgabe ermittelt hat (4). Es werden verschiedene Varianten von persönlichen Freibeträgen (eine oder zwei Millionen Euro) und betrieblichen Freibeträgen (ohne, zwei oder fünf Millionen Euro) sowie unterschiedliche Tarifverläufe unterstellt. Das geschätzte Aufkommen läge zwischen 280 und 560 Milliarden Euro. Ähnlich wie beim Lastenausgleich aus den 1950er Jahren wird vorgeschlagen, die Vermögensabgabe über einen längeren Zeitraum von 20 Jahren bei einer Verzinsung von zwei Prozent zu tilgen.

Lastenausgleich wie 1952

Die Vermögensabgabe würde aufgrund der enormen Vermögenskonzentration in Deutschland im Wesentlichen vom reichsten Prozent der Bevölkerung gezahlt. Da die Vermögensabgabe auf den Vermögensbestand zu Beginn des Jahres 2020 erhoben werden soll, wären Vermögensverlagerungen zur Vermeidung der Steuer ausgeschlossen.

Kai Eicker-Wolf

Dr. Kai Eicker-Wolf ist finanzpolitischer Referent der GEW Hessen.

(1) Hessisches Ministerium der Finanzen, Finanzplan des Landes Hessen für die Jahre 2020 bis 2024 (Stand Oktober 2020), Wiesbaden 2020, S. 39.
(2) Ebenda, S. 48 f.
(3) Vgl. dazu Kai Eicker-Wolf, Zur Politischen Ökonomie der Ungleichheit, 2020, blickpunkt-wiso.de.
(4) Stefan Bach, Vermögensabgabe - Aufkommen und Verteilungswirkung, Berlin 2020. Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Bundestagsfraktion der LINKEN und der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

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