Bildung braucht gute Räume 

Umfrage bei GEW-Mitgliedern in Kitas, Schulen und Hochschulen

HLZ 12/2018

Foto: HLZ 11/2017 Thomas Klee-123rf.com

In Deutschland ist im Bereich der Bildungsinfrastruktur ein erheblicher Sanierungsstau auszumachen. Nach den jüngsten Angaben der KfW-Bank zum Investitionsbedarf auf der kommunalen Ebene, der mittlerweile bei fast 159 Milliarden Euro liegt, besteht der größte Investitionsstau mit fast 48 Milliarden Euro im Bereich der Schulgebäude. Aber auch in der Kinderbetreuung ist mittlerweile ein nicht gedeckter Bedarf von 7,5 Milliarden Euro auszumachen. Und für die Hochschulen (inklusive Universitätsklinika) spricht die Kultusministerkonferenz im Jahr 2016 von einer Finanzierungslücke in Höhe von 47 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025. 

Angesichts dieser Befunde hat der GEW-Hauptvorstand im vergangenen Sommer eine Befragung von 15.000 Mitgliedern zur Gebäudequalität von Bildungseinrichtungen durch die Agentur Mauss Research in Auftrag gegeben. Aufgrund einer Rücklaufquote von 20 Prozent sind die Ergebnisse für Deutschland repräsentativ. Die GEW Hessen hat die Möglichkeit genutzt, die Antworten der hessischen Kolleginnen und Kollegen von Mauss Research zu beziehen, um diese dann auszuwerten. Die wichtigsten Ergebnisse, die weitestgehend mit den bundesweiten Resultaten übereinstimmen, sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden. 

Aktuelle Gebäudesituation 

GEW-Mitglieder in Hessen bewerten den Zustand ihrer Gebäude uneinheitlich, es besteht jedoch ein Übergewicht bei denjenigen, die sich kritisch äußern. 28 Prozent sind mit der Gebäudein­frastruktur zufrieden, in der sie arbeiten, ein etwa genauso großer Prozentsatz (30 Prozent) zeigt sich ambivalent. Dem stehen 41 Prozent gegenüber, die mit dem Zustand ihrer Schulen, Kitas und Hochschulen unzufrieden bzw. sogar sehr unzufrieden sind. 

Im Rahmen der Umfrage sind die Befragten nach der Relevanz von insgesamt 19 Verbesserungsmaßnahmen gefragt worden (siehe Tabelle). Immerhin werden vier Fragen von 80 Prozent der Befragten mit einer hohen Priorität versehen, und die ersten zwölf aufgeführten Fragen werden von mehr als zwei Dritteln als mindestens wichtig bewertet. Die mit Abstand geringste Relevanz entfällt mit 41 Prozent auf den Neubau. Dies ist wenig überraschend, handelt es sich hier doch unter den abgefragten Maßnahmen um die weitestgehende und kostspieligste, die zudem mit vielen Unwägbarkeiten und zahlreichen Behelfslösungen in der Übergangszeit verbunden ist.

Beteiligung bei Baumaßnahmen 

Die Umfrage hat auch die Beteiligung bei baulichen Veränderungen zum Inhalt. Mit 51 Prozent arbeitet genau die Hälfte der Befragten in Bildungseinrichtungen, die in den letzten drei Jahren von Neubau-, Sanierungs- oder Umbauarbeiten betroffen waren. 42 Prozent der Befragten gaben an, in die Planungsprozesse zu den baulichen Veränderungen einbezogen worden zu sein. Die Angabe zur Beteiligung der verschiedenen Personengruppen, die mit den Bildungseinrichtungen zu tun haben, sind der Tabelle zu entnehmen. 

74 Prozent der Befragten geben an, dass die Leitung der Bildungseinrichtung beteiligt wurde, der Wert für den Personal- oder Betriebsrat fällt mit 37 Prozent gerade halb so hoch aus. Noch weniger häufig wurden die Beschäftigten, Eltern, Kinder und Jugendlichen bzw. Studierenden genannt. Mehrfachnennungen waren hier möglich. 

24 Prozent der Befragten zeigten sich mit der Einbeziehung der relevanten Gruppen oder Personen in die Planung beim Neubau, größeren Sanierungs- und Umbauarbeiten unzufrieden bzw. sehr unzufrieden. Immerhin 35 Prozent bewerteten die Beteiligung positiv, während eine Mehrheit von rund 39 Prozent indifferent geantwortet hat. 

Räume für den Ganztag

Die Situation in den Ganztagseinrichtungen ist im Rahmen der Befragung ebenfalls beleuchtet worden. Bei der Frage nach der Bewertung der baulichen Ausgestaltung der jeweiligen Kindertagesstätte oder Schule für die ganztägige Arbeit überwiegen die negativen Einschätzungen. Nur 19 Prozent erklärten, dass sie mit den räumlichen und baulichen Voraussetzungen für den Ganztag in ihren Bildungseinrichtungen zufrieden oder sehr zufrieden sind; 41 Prozent, also mehr als doppelt so viele GEW-Mitglieder sind unzufrieden oder sehr unzufrieden. Dasselbe Bild zeigt sich bei der personellen Ausstattung von Kindertagesstätten oder Schulen für die ganztägige Arbeit. Während 22 Prozent mit „zufrieden“ oder „sehr zufrieden“ antworteten, zeigen sich 43 Prozent unzufrieden oder sehr unzufrieden. 

Die GEW Hessen hat in den vergangenen beiden Jahren immer wieder auf den zum Teil sehr maroden Zustand der Bildungsinfrastruktur in Hessen hingewiesen und die genaue Erhebung des Investitionsstaus in Hessen gefordert, um diesen dann zügig zu beseitigen. Die Ergebnisse der vom GEW-Hauptvorstand organisierten repräsentativen Mitgliederbefragung für Hessen unterstützen diese Forderungen nachhaltig: Die neue hessische Landesregierung muss endlich aktiv werden und für eine nachhaltige und zeitgemäße Modernisierung von Kitas, Schulen und Hochschulen sorgen. 

Dr. Kai Eicker-Wolf, Referent Finanzpolitik 

Was ist den Kolleginnen und Kollegen „wichtig“ oder „sehr wichtig“?

84 % Schaffung von „echten“ Pausen- und Rückzugsräumen für die Beschäftigten
83 % Schaffung von Räumen für unterschiedliche Zwecke (Elterngespräche, Fachräume oder Räume für Differenzierung)
83 % Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten für Kinder, Schülerinnen und Schüler oder Studierende
81 % Verfügbarkeit von Lernmitteln
78 % Schaffung von persönlichen Arbeitsplätzen für die Beschäftigten
78 % Verbesserung der digitalen Ausstattung
76 % Ausrüstung mit gesundhaltendem Mobiliar
73 % Schaffung von offenen Lernorten
72 % Maßnahmen gegen Lärm
71 % Gewährleistung von Barrierefreiheit
71 % Verbesserung des hygienischen Allgemeinzustandes
68 % Sanierung von Sanitäreinrichtungen
65 % Schaffung von größeren Räumen
64 % Schaffung eines geeigneten Außengeländes
62 % größere Sanierungs- und Umbauarbeiten  
54 % Schaffung von erforderlichen Sportstätten  
54 % Schaffung von geeigneten Räumlichkeiten zur Vorbereitung und zum Verzehr von Essen (z.B. Mensa)
49 % Schaffung von ansprechenden Bibliotheken
41 % Neubau    

Wer wurde bei der Planung baulicher Veränderungen beteiligt?

74 % Leitung der Bildungseinrichtung
37 % Personal- oder Betriebsrat
23 % Beschäftigte aller Professionen in der Bildungseinrichtung
18 % Eltern
10 % Kinder, Schülerinnen und Schüler bzw. Studierende
8 % andere Interessenvertretungen
12 % Weitere
22 % weiß nicht