Präsenzpflicht für Lehrkräfte? Wir sagen Nein!

Pressemitteilung 17. März 2020

Aktualisierte Seite des GEW Hauptvorstands zur Präsenzpflicht | 23.3.2020

GEW Hessen am 17.3.2020

Präsenzzeiten für Lehrkräfte in den Schulen widersprechen den gesundheitspolitischen Notwendigkeiten und den Rechtsverordnungen der Landesregierung – GEW fordert klare Aussage des Kultusministers

Frankfurt (GEW): „Eigentlich müsste man sagen: ‚Am besten trifft sich niemand mehr‘.“ Mit diesen deutlichen Worten beschrieb Ministerpräsident Bouffier gestern Abend die Dramatik der aktuellen Situation. Die GEW Hessen hat deshalb überhaupt kein Verständnis dafür, dass für die Lehrkräfte einiger Schulen, wie uns fortlaufend berichtet wird, Präsenzzeiten, Konferenzen und Sitzungen von Planungs- oder Arbeitsgruppen angeordnet werden.

Grundsätzlich gilt im Moment für alle hessischen Schulen, dass der reguläre Unterricht ausgesetzt ist.

Viele Lehrkräfte engagieren sich, stellen Materialien zusammen und lassen diese digital den Schülerinnen und Schülern zukommen. Für die Gewährleistung der vorgesehenen Notbetreuung ist selbstverständlich auch pädagogisches Personal in den Schulen erforderlich.

Der Kultusminister stellt in seinem Schreiben an die Schulleitungen vom 15. März 2020 klar, dass dafür Lehrkräfte, sozialpädagogische Fachkräfte (UBUS) sowie sonstige Fachkräfte aus dem Ganztagsbereich herangezogen werden können. Wer jedoch zu den Risikogruppen gehört, also älter als 60 Jahre ist oder eine Grunderkrankung hat, kann ausdrücklich nur auf freiwilliger Basis eingesetzt werden. Nach der Rechtsauffassung der GEW lässt sich anhand der bestehenden Regelungen zur Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern – insbesondere der Pflichtstundenverordnung – keine grundsätzliche Präsenzpflicht herleiten.

Birgit Koch, Landesvorsitzende GEW Hessen: „Vor allen Dingen aber würde eine unnötig hohe Präsenz von Lehrkräften an den Schulen den Sinn der Maßnahme, soziale Kontakte zur Eindämmung der Pandemie so weit wie möglich einzuschränken, konterkarieren. Daher sollte der Schulbetrieb so organisiert werden, dass lediglich das Personal vor Ort ist, das zur Gewährleistung der Notbetreuung und für andere dringende Aufgaben unbedingt erforderlich ist. Lehrerinnen und Lehrer sollen ihren Dienstpflichten nach Möglichkeit von zu Hause aus nachgehen.“

Für die konkrete Umsetzung an der jeweiligen Schule sollten unter Einbeziehung des örtlichen Personalrats entsprechende Regelungen gefunden werden. Dabei muss der Gesundheitsschutz oberste Priorität haben.

Koch kritisiert die derzeitige Praxis an einigen Schulen: „Wir haben in den letzten zwei Tagen sehr viele Anrufe von Kolleginnen und Kollegen aus den Schulen bekommen. Sie berichten darüber, dass es immer noch an einzelnen Schulen Dienstversammlungen oder Gesamtkonferenzen gibt. Auch werden Lehrerinnen und Lehrer aufgefordert, im zeitlichen Umfang ihrer Unterrichtsstunden in der Schule präsent zu sein. Das können wir nicht nachvollziehen. Es gibt eine Dienstanweisung aus dem Kultusministerium, dass in der Bildungsverwaltung soweit möglich auf Telearbeit zurückgegriffen werden soll. Diese Regelung muss auch für Lehrkräfte angewendet werden.“

Maike Wiedwald, ebenfalls Landesvorsitzende der GEW Hessen betont: „Wir begrüßen deshalb die sehr deutliche Klarstellung einzelner Schulämter. Diese machen klar, dass es keine Präsenzpflicht für Lehrkräfte und das pädagogische Personal vor Ort außerhalb der schriftlichen Prüfungen im Landesabitur und der Notbetreuung gibt. Wir vermissen aber klare Worte des Kultusministers. Viele Schulleitungen sind verunsichert und brauchen jetzt eine konkrete Unterstützung und direkte Handlungsanweisungen.

Wir erwarten vom Kultusminister die Klarstellung, dass es keine Präsenzpflicht für Lehrkräfte und UBUS-Kräfte an Schulen gibt und dass dies dies in allen Schulamtsbezirken und an allen Schulen entsprechend umzusetzen ist.““