Regelbetrieb für hessische Grundschulen ab 22. Juni

Vertrauen in Entscheidungen des Kultusministeriums erneut erschüttert

Pressemitteilung 10. Juni 2020

Wie Ministerpräsident Volker Bouffier und Kultusminister Alexander Lorz heute Morgen in einer Pressekonferenz mitgeteilt haben, plant das Kultusministerium für den 22. Juni 2020 für die Grundschulen die Rückkehr zu einem Regelbetrieb mit Unterricht im Rahmen der verlässlichen Schulzeit und gegebenenfalls darüber hinaus bis 14.30 Uhr.

Kultusminister Lorz will dafür die individuelle Abstandswahrung (1,50 m) durch ein Konzept ersetzen, wonach konstante (Lern-)Gruppen gebildet und durch deren Trennung Durchmischungen vermieden werden sollen.

Birgit Koch, Vorsitzende der GEW Hessen, erklärt heute dazu: „Die GEW Hessen lehnt die Rückkehr zum Regelbetrieb an den Grundschulen für die letzten zwei Wochen vor den Sommerferien ab. Die Schulen haben auf der Grundlage der Vorgaben des Erlasses vom 7. Mai 2020 intensive Planungen bis zum Ende des Schuljahres vorgenommen und mit allen Beteiligten besprochen. Der Erlass enthält ausdrücklich die Aussage, dass die organisatorischen und hygienischen Vorgaben im Präsenzunterricht an den Grundschulen bis zu den Sommerferien Bestand haben.“

Die GEW weist darauf hin, dass die Kinder der ersten, zweiten und dritten Klasse erst seit dem 2. Juni wieder die Schulen betreten dürfen. Die Lehrerinnen und Lehrer bemühen sich seitdem mit größtem Einsatz, Kinder mit den Abstandsregeln vertraut zu machen und auf deren Einhaltung zu achten. Es sei niemandem zu vermitteln und für jede einzelne Lehrkraft mit einem enormen Verlust an Glaubwürdigkeit verbunden, wenn dies jetzt nach kürzester Zeit nicht mehr gelten soll. 

„Ob im Restaurant, beim Einkaufen oder beim Training im Sportverein: überall gelten Abstandregelungen zum Schutz vor einer Infektion. Es ist absurd, dies jetzt mit neuen Regeln (z.B. bezüglich der Gruppenbildung, Pausenregelungen, Abstand, Masken, Raumpläne) für zehn Unterrichtstage wieder über den Haufen zu werfen, zumal erneut wieder nur wenige Tage für die Umsetzung zur Verfügung stehen werden. Allein der Aufwand, alle Eltern verlässlich zu erreichen, ist enorm“, bewertet Maike Wiedwald, Vorsitzende der GEW Hessen, die neuen Pläne. „Mit einer solchen Entscheidung verliert das HKM weiter an Glaubwürdigkeit und Vertrauen in seine Verlässlichkeit. Noch Ende Mai zeigte sich Kultusminister Lorz einsichtig, dass viele Informationen nicht immer rechtzeitig bei den Schulen und Eltern angekommen seien – das hätte er hier anders regeln können.“

Unzumutbar ist das Vorhaben aus Sicht der GEW gerade auch für die Schulleitungen, die für die vierten Klasse bereits jetzt zum vierten Mal innerhalb von gut sechs Wochen komplett neue Pläne für den Personaleinsatz, die Gruppeneinteilung und die Raum- und Pausenpläne machen müssten.

Birgit Koch erklärt zum Engagement der Lehrkräfte an Grundschulen: „Die neuen Überlegungen sind insbesondere auch ein Schlag ins Gesicht der Kolleginnen und Kollegen, die trotz der Freistellung seit dem 18. Mai wieder freiwillig den Präsenzunterricht wahrnehmen, obwohl sie zu einer Risikogruppe gehören. Gerade an den Grundschulen haben dies sehr viele Kolleginnen getan, vor allem aber auch deshalb, da sie sich auf die Minimierung des Risikos durch die verkleinerten Gruppen und die Abstandsregeln verlassen haben. Sie müssen sich jetzt schlicht ‚verschaukelt‘ fühlen.“

Die GEW Hessen bewertet diese Pläne des Kultusministers als reine Symbolpolitik auf dem Rücken von Schülerinnen und Schülern und den Pädagoginnen und Pädagogen an den Schulen. Die Gefährdung ihrer Gesundheit für drei oder vier Tage zusätzlichen Unterricht, die nun auf einmal durch eine neue Risikobewertung möglich gemacht werden sollen, ist aus Sicht der Bildungsgewerkschaft ein zu hoher Preis.

„Das ist schlechte Politik zu Lasten der Beschäftigten“, so Maike Wiedwald weiter. „Schulleitungen und Lehrkräfte an den Grundschulen fühlen sich nicht ernst genommen. Wir sehen keine Möglichkeit, wie der Gesundheitsschutz gewährleistet werden soll, wenn mehr als 25 Kinder ohne Abstand in schlecht gelüfteten Räumen unterrichtet werden sollen. Zudem gibt es bislang keine praxistauglichen Konzepte, wie die einzelnen Klassen in den Schulgebäuden (in den Pausen usw.) und auch beim Schulweg voneinander isoliert werden können.“