„Eine Gefährdung der Berufsbildung“

GEW Hessen zur „zukunftsfähigen Berufsschule“

Pressemitteilung

Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht die Zukunft der beruflichen Bildung in Hessen als gefährdet an. Zwar hat die schwarz-grüne Koalition erklärt, dass sie alle bestehenden Berufsschulstandorte erhalten will. Die duale Berufsausbildung wird aber geschwächt, wenn in Zukunft immer mehr Ausbildungsberuf nur noch an wenigen oder sogar nur einem einzigen Standort vertreten sein sollten. Dies ist die Einschätzung des Vorsitzenden der GEW Hessen, Thilo Hartmann. Er erklärte aus diesem Anlass:
 

„Das Kultusministerium plant die Zusammenlegung von Fachklassen in einer wachsenden Zahl an Ausbildungsberufen. Der euphemistische Titel des Vorhabens – die ‚zukunftsfähige Berufsschule‘ – hat leider nichts mit der Realität zu tun.“

Selbstverständlich müsse das Berufsschulsystem auf einen sich ändernden Ausbildungsmarkt reagieren. Die Lösung könne in einem Flächenland wie Hessen aber nicht darin bestehen, die Auszubildenden in immer mehr Berufen an einzelnen Standorten zu konzentrieren: „Ein unzumutbar weiter Weg zur Berufsschule mindert die Attraktivität der betrieblichen Ausbildung erheblich. Es droht ein weiterer Rückzug von Betrieben aus der Berufsausbildung. Wir freuen uns, dass der Landtag heute auf Initiative der FDP diese wichtigen Fragen diskutiert“, so Thilo Hartmann.
 

An den berufsbildenden Schulen sorgt das Projekt „zukunftsfähige Berufsschule“ und die Form der Umsetzung für erhebliche Irritationen. Dies schilderte Katja Pohl, die an einer Berufsschule unterrichtet und dem Leitungsteam der Fachgruppe berufsbildende Schulen in der GEW Hessen angehört:


Die Kolleginnen und Kollegen fragen sich, was das Projekt für ihre Zukunft bedeutet. Antworten auf ihre berechtigten Fragen erhalten sie bislang keine. Besonders ärgerlich ist, dass die Personalvertretungsgremien vom Kultusministerium nicht eingebunden wurden. Eine tatsächlich zukunftsfähige Berufsschule kann man nur mit den Beschäftigten entwickeln, nicht gegen sie.

Die berufsbildenden Schulen in Hessen sind auch aus einem weiteren Grund unter Druck: Der Lehrkräftemangel ist an diesen besonders stark ausgeprägt. Das betrifft nicht nur die Berufsschule, die von Auszubildenden an ein bis zwei Tagen die Woche besucht wird. Auch bei den vollzeitschulischen Berufsbildungsgängen und im so genannten Übergangssystem ist der Mangel groß. Thilo Hartmann forderte daher attraktivere Arbeitsbedingungen und mehr Anstrengungen in der Ausbildung von neuen Lehrkräften: „Während Deutschland den Fachkräftemangel in vielen Berufen immer aufgeregter diskutiert, haben wir auch einen eklatanten Mangel bei den Lehrkräften, die die Fachkräfte von morgen schon heute ausbilden müssten. Die Neueinstellungen in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an beruflichen Schulen sinken jedoch von Jahr zu Jahr. Hier muss die Landesregierung endlich entschieden gegensteuern.“
 

Zum Hintergrund: Die Fraktion der Freien Demokraten hat den Antrag „Arbeits- und Fachkräftemangel bedroht Wohlstand Hessens: Duale Ausbildung zukunftsfähig aufstellen – Zuwanderung vereinfachen“ (Drucksache 20/9664) in den Hessischen Landtag eingebracht. Der Antrag soll am 8. Dezember im Plenum behandelt werden.